Hallo,
als bekennender Fan der Box-Tengor und stolzer Besitzer der allerletzten Version reizte es mich schon seit Langem, auch ein frühes Modell dieser bemerkenswerten Box zu besitzen.
Vorgestern mittag war es dann so weit, eine Goerz Box-Tengor kam an, das allererste Modell, von 1924-27 noch vor der Fusion zur Zeiss Ikon hergestellt. Die Goerz-Konstruktion setzte sich dann bei der Modellbereinigung gegen die Boxen von Ica und Ernemann durch und blieb letztlich mehrmals überarbeitet und in zahlreichen Varianten noch bis 1956 im Programm. Neben der soliden, wertigen Konstruktion sprach vor allem das Frontar, ein zweilinsiger Achromat, für diese Box. Es ließen sich damit Bilder auf dem Niveau einfacher Falter produzieren, ohne den Box-typischen massiven Schärfeabfall zum Rand hin.
Ich war gespannt auf den Zustand, denn sie war billig: Die Kamera war offenbar jahrzehntelang nicht benutzt worden (es war noch eine Agfa-Holzspule drin), dennoch reichte eine Reinigung von ca. 10 Minuten, um sie wieder einsatzfähig zu machen. An den verkitteten Zweilinser ohne Zwischenräume kommt man von beiden Seiten mit einem Wattestäbchen prima dran. Nach der Entstaubung war das Frontar kristallklar. Gegenüber den späteren Modellen ist sie noch recht sparsam ausgestattet: Der Auslöser stellt sich noch nicht von selbst zurück, man betätigt ihn also beim einen Bild von oben nach unten, beim nächsten von unten nach oben, dann wieder von oben nach unten usw. und kann keinen Drahtauslöser anbringen. Agfa hatte diesen sehr einfachen Rotationsverschluß (mit Zeit und Moment) noch sehr lange. Die tollen Einschwenknahlinsen und die Doppelbelichtungssperre der späteren Modelle gab es hier auch noch nicht, sehr wohl aber die drei Blenden 11, 16 und 22. Sie werden mittels eines Schiebers oben auf dem Gehäuse neben dem Moment-Zeit-Umschalter eingeschwenkt und sind nicht mit Zahlen bezeichnet. Das Gehäuse hat einen Tragebügel aus Draht, der aussieht wie bei einer alten Spardose, anstatt von Brillantsuchern sind hier noch Mattscheibensucher verbaut. Der Film wird noch unten entgegen dem Uhrzeigersinn transportiert. Da die Verriegelung der Gehäusehälften mittels zweier Bändchen und Textildruckknöpfen oben und unten vorgesehen war und das etwas absteht, hat die erste Box-Tengor unten drei Standfüßchen. Die (1927 zurecht geänderte) Verriegelung fehlt hier längst, die Gehäusehälften halten aber auch so zuverlässig zusammen, da der Falz offenbar mal leicht zurechtgebogen worden ist.
Hier sind die erste und die letzte Evolutionsstufe der Box-Tengor nebeneinander zu sehen (sie sind genau gleich groß, das ist die Perspektive).
Nun war aber ausnahmsweise schönes Wetter und somit die lange aufgeschobene Gartenarbeit angesagt. Acht Bilder kriegt man aber auch während der Gartenarbeit voll, während der Nachwuchs sich sportlich betätigt (die Bewegung ist fast eingefroren).
Hier sieht man am Würfel die Nahgrenze von 3 Metern ganz gut. Er war etwas über 2 Meter entfernt.
Auch habe ich das gute Stück auf "Makrotauglichkeit" getestet. In Ermangelung einer eingebauten Nahlinse habe ich einfach eine mit 2 Dioptrien zum Aufstecken von Voigtländer davorgehalten, das versprach eine Nahgrenze von 50 cm. Hat super geklappt.
Fazit: Wenn das Licht stimmt, gibt es kaum etwas Simpleres, um zu hübschen Bildern zu kommen. Bis 13x18 sieht man kaum einen Unterschied zu besseren Apparaten. Man muß nur gut die Luft anhalten, da man bei 110 mm Brennweite eine 1/25s doch recht schnell verwackelt. Ansonsten ein trefflich' Spielzeug.
Viele Grüße
Nils