#1

Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 04.04.2015 09:31
von Smena-8 • Mitglied | 454 Beiträge

Sofortbild ist nicht tot, insbesondere in Asien sind die Fuji instax-Kameras sehr beliebt (die Bilder passen nämlich perfekt in die dort wohl beliebten Poesiealben). Aber auch die anderen Formate haben in der Nische durchaus noch ihre Liebhaber. Der Grund dafür: Es macht eine Menge Spaß! Und es hat mit Digitalfotografie (bei der man das Bild zwar sofort sieht, aber eben nicht in der Hand hält) denkbar wenig gemein.

Seitdem meine Tochter seit einem Jahr eine Fuji instax mini-Sofortbildkamera besitzt, liebäugele ich auch mit diesem Medium, eigentlich aus demselben Grund, weshalb mein Nachwuchs einen Narren daran gefressen hat. Sinngemäß sagte sie einmal: „Ich finde Papierbilder gut, aber ich will die sofort haben und nicht erst den Film vollmachen und abgeben und das alles. Das, was Du in der Dunkelkammer machst, ist interessant, aber umständlich und dauert viel zu lange. Außerdem geht das nur schwarzweiß. Bei der Kamera ist die Dunkelkammer eingebaut und das ist sogar in Farbe. Und ich muß nur auf den Knopf drücken und alles kommt automatisch.“

Bei ihrer instax mini 7s geht tatsächlich alles automatisch, nicht einmal den Blitz des lustigen Plastebombers kann man ausschalten. Die visitenkartengroßen Bilder werden motorisch ausgeworfen und entstehen dann wie durch Zauber ohne weiteres Zutun vor den Augen des Betrachters. Danach hat man das Bild, ein Unikat. In dem Integralfilm passiert alles von selbst. Das ganze ist so narrensicher, daß es fast schon etwas langweilig ist.

Künstlerisch ambitionierte Sofortbildfans mögen auch gerne das klassische Sofortbild, wie es Edwin Land Ende der 40er Jahre erfunden hat. Damals mußte man verglichen mit den späteren Integralfilmen noch richtig etwas für sein Sofortbild tun, doch dazu später. Anfang der 70er erfand er dann den vollautomatischen Integralfilm, der ein großer Erfolg wurde. Den alten Trennbildfilm gab es jedoch weiterhin. Inzwischen ist Lands Firma Polaroid bekanntlich Geschichte, Fuji aus Japan nimmt sich dafür dem Thema weiterhin an. Daneben gibt es noch die kleine Firma Impossible, die Material herstellt, das Fuji nicht im Programm hat, vor allem Integralfilme für Polaroid-Kameras.

Der Fuji-Trennbildfilm paßt jedenfalls in die alten Polaroid-Geräte für Trennbildfim (Aufstellung hier: http://en.polaroid-passion.com/polaroid-...films.php?id=60 ). Auch für Sofortbildrückteile professioneller Kameras ist er verwendbar.

Mein neues Gerät ist jedenfalls eine Polaroid Land Camera 104 automatic ( http://camerapedia.wikia.com/wiki/Polaroid_Land_Model_104 ), ein herrlich krudes Gerät, welches von 1965-67 hergestellt worden ist. Es handelt sich um ein recht einfaches Einsteigermodell, welches fast komplett aus Plastik besteht. Sogar die zwei (!) Linsen des Objektivs (Lichtstärke F=8,8) sind aus diesem Material. Dadurch ist die ausladende Kamera (auseinandergefaltet ist sie ungefähr so groß wie eine Kiev 60!) aber immerhin vergleichsweise sehr leicht. Von weitem sieht sie auseinandergeklappt einer alten Pressekamera für Planfilm ähnlich, zusammengeklappt wirkt sie eher wie ein altes Transistorradio. Unauffällig ist sie jedenfalls nicht gerade.

Meine hatte offenbar einen langen Dornröschenschlaf hinter sich, denn meine erste Amtshandlung bestand darin, die offenbar erste (!) Batterie, eine Mallory-Duracell im 60er-Jahre-Design, zu entfernen – oder besser gesagt, das, was noch von ihr übrig war. Zum Glück war es nur eine Alkaline-Batterie. Diesen Batterietyp gibt es in der Form mit den Anschlüssen nicht mehr, die 123-Lithium 3 V hat aber dieselbe Größe und Spannung (und dürfte auch noch länger halten). Die Kontakte habe ich nach dem Abschleifen einfach mit Tesa drangeklebt, die Batterie in die Halterung gedrückt, fertig. Man kann sich auch etwas aus zwei AA oder AAA-Batterien basteln, Platz genug ist vorhanden. Die Batterie wird für die Belichtungsautomatik gebraucht, der Verschluß muß aber trotzdem manuell gespannt werden. Das hat aber den Vorteil, daß auch Doppelbelichtungen möglich sind. Fotografisch verhält es sich ähnlich wie mit einfachen 6x9-Apparaten – man sollte Motive aufnehmen, die in diesem Format gut wirken. Vergrößerungen vom Scan sind aber durchaus möglich. Die Schärfentiefe ist im Nahbereich nicht besonders groß – und dieses Modell hat keinen richtigen Meßsucher (die besseren Ausführungen hatten ihn), so daß man schätzen muß. Immerhin gibt es zwei bewegliche Hilfslinien, die bei der Aufnahme von Portraits helfen sollen. Die Belichtung kann man am Objektiv noch angleichen (heller und dunkler). Blitzen kann man auch, man wählt die Entfernung, die am Blitzgerät für Blende 8 oder 11 bei 100 ASA angegeben ist. Was soll's, eine Holga ist da auch nicht flexibler.

Das Procedere nach der Aufnahme geht folgendermaßen: Man zieht einen dünnen weißen Papierstreifen seitlich aus der Kamera. Dieser klebt etwas am darauffolgenden Streifen, so daß man ihn mit viel Gefühl lospfriemeln muß. War das erfolgreich, erscheint eine gelbe Lasche. An der zieht man das Bild gleichmäßig aus der Kamera. Durch eine Walze in der Kamera wird dabei die Entwicklung gestartet, indem das Bild mit Entwicklerpaste bedeckt wird. Nun heißt es warten, denn der Film hat eine feste Entwicklungszeit, die abhängig von der Umgebungstemperatur ist, Zeiten und Temperaturen stehen auf der Packung. Eine Uhr sollte man also schon dabeihaben. Bei 20°C dauert es z.B. 120 Sekunden, dann werden Negativ und Positiv getrennt. Das (dann schon endgültig fertige) Bild ist noch etwas feucht und sollte daher zunächst nur am Rand angefaßt werden. Am Negativ klebt besonders am Rand Entwicklerschmadder. Edwin Land hatte vorgesehen, es sofort zu entsorgen. Das sollte man jedoch nicht tun, denn nach dem Trocknen kann man die schwarze Rückseite der Negative entfernen (es gibt im Netz verschiedene Anleitungen, nach „Fuji FP 100 Negativ“ suchen) und sie dann zu allerlei kreativem Schabernack verwenden.

Also: Man hat was zu fummeln, zieht alle Blicke auf sich, kann Doppelbelichtungen machen, mit den Negativen herumexperimentieren – und hat sofort ein schönes Farbbild, das sehr analog wirkt. Eine Menge Spaß also, da verdrängt man gern, daß ein Filmpack mit zehn Aufnahmen mit 12 Euro so viel kostet wie ich für die hier besprochene Kamera bezahlt habe.

Im Anhang befindet sich mein allererstes Testbild mit der Neuerwerbung.

Viele Grüße
Nils


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#2

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 04.04.2015 10:32
von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge

1 Anmerkungen und 1 Warnung:
1. das ist ein teurer Spaß
2. die Fujikasetten gehen nicht in allen Polaroids für Trennbildfilm. Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch an meine Probleme in Würzburg, die Bilder zu ziehen. Es stellte sich raus, daß es an dem Zeitzähler der 340 lag. Der ist innen auf der Rückwand ein "Knubbel", der genau auf einen Verstärkungssteg der Fujikasette drückt und sie dadurch zusammenquetschte. Die Polaroidkasetten hatten diesen Steg nicht, weil sie aus Metall waren und deshalb auch ohne Verstärkung stabil.


Gruß
Jochen
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analog: Olympus OM-2 und OM-4, Kodak Retina IIIC, IIIS und Retina Reflex S; digital: Pansonic Lumix GH3 und GF6
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#3

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 04.04.2015 10:43
von Smena-8 • Mitglied | 454 Beiträge

Danke für die Anmerkungen! Vielleicht ist der Papierstreifen deshalb etwas pfriemelig rauszuziehen – aber es klappt zumindest bei der 104, bei der 103 meines Wissens auch.

Teuer… ach, vieles ist teuer…


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#4

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 05.04.2015 21:09
von huddestorf • Mitglied | 478 Beiträge

Hallo Nils,

schön, mal wieder was von Dir zu lesen. Allerdings wecken solche Beiträge auch Begehrlichkeiten...


Viele Grüße
Tom


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#5

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 06.04.2015 01:06
von Smena-8 • Mitglied | 454 Beiträge

Hallo Tom, die Begehrlichkeit kann ich gleich dämpfen:

Ich wollte vorhin mal die Portraitfunktion ausprobieren, da riß mir beim Herausziehen der weiße Papierstreifen (das hat Fuji wirklich ganz bescheiden konfektioniert, zum dran ziehen viel zu dünn). Ich habe ihn noch rausgepfriemelt bekommen, aber das Bild war schwarz. Hatte ich beim Fummeln etwas versaubeutelt? Noch zwei Bilder, beide schwarz.

Der Verschluß…?

Also habe ich den Filmpack in der Dunkelkammer herausgenommen, in einen schwarzen Fotopapierkartopn gelegt und den Verschluß überprüft.

Er klackt, aber öffnet nicht. Also bekommt das elektrische Auge keinen Strom.

Da es vorgestern funktioniert hat, gibt es nun zwei Möglichkeiten:
1. Ein Wackelkontakt, dem ich nicht auf die Spur komme.
2. Ein Kriechstrom, dem ich nicht auf die Spur komme und der in zwei Tagen die Batterie leergesaugt hat.

Mein Vorurteil ist einmal wieder bestätigt: Alte Kameras, die auf Batterien angewiesen sind, sind von Übel.

Der Grund: Sie neigen zu nicht reproduzierbaren und daher im Vorfeld nicht testbaren Fehlern (Ausnahmen sind vielleicht Konica C35/Porst 135, denen vertraue ich inzwischen.)

Der Spaß ist mir vorerst vergangen, jetzt kommt das Teil erst einmal in den Schrank, zum Hinstellen macht sie ja auch etwas her.

Ich habe dann einen Farbfilm in eine superprimitive Dacora Digna I gesteckt, auch ein F=8-Zweilinser.

Dann warte ich halt auf die Bilder.

Viele Grüße
Nils


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#6

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 06.04.2015 05:22
von huddestorf • Mitglied | 478 Beiträge

Hallo Nils,

das ist ja schade, aber vielleicht lässt es sich noch in den Griff bekommen?
Eine Dacora Digna I würde mir auch noch gefallen. Sie schein mit der Certo-phot vergleichbar zu sein.

Demnächst muß die Holga mal wieder ran. Blöd, daß das "HOLGAROID-Back" so teuer ist...

Viele Grüße
Tom


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#7

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 06.04.2015 06:23
von Smena-8 • Mitglied | 454 Beiträge

Keine Sorge, irgendwann kommt die auf den Basteltisch. Es sind ja auch noch vier Aufnahmen im Pack.

Schwiegereltern meinten vorhin, auch mal eine Sofortbildkamera gehabt zu haben, die noch irgendwo rumliegt – was das wohl für eine ist?

Ja, die Digna habe ich irgendwann mal irgendwo dazubekommen und dann lag sie ein paar Jahre im Keller. Kürzlich fiel sie mir wieder in die Hände, wurde gereinigt und mußte jetzt endlich mal probiert werden. Durch ihr Metallgehäuse wirkt sie gegenüber einer Agfa Isola fast wie ein Panzer. Einen ziemlich vergammelten Certo-Phot aus einem Schimmelkeller müßte ich auch noch irgendwo haben, fällt mir gerade ein, hmm, wo könnte der sein? In der Garage…?

Ja, es ist Ostern.

Für das Holgaroid-Rückteil kannst Du Dir ein Dutzend 104er kaufen, das ist wirklich pervers teuer. Vielleicht kann man sich auch eins aus einer kaputten Land Camera selbst bauen?

Viele Grüße
Nils


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#8

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 06.04.2015 06:54
von Smena-8 • Mitglied | 454 Beiträge

So, schon gefunden und geholt. Es ist eine Land Camera 3000. Sieht so aus, als wäre sie für Impossible-Film. Ich werde mich heute abend mal damit befassen. Das Ding hat jedenfalls einen Meßsucher!

Viele Grüße
Nils


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zuletzt bearbeitet 06.04.2015 07:02 | nach oben springen

#9

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 06.04.2015 20:59
von huddestorf • Mitglied | 478 Beiträge

...so eine ähnliche hatte mein Vater auch. Möglicherweise befindet sie sich noch bei den Dingen, die ich bei der Wohnungsauflösung mitgenommen habe. Muß mich doch gelegentlich mal durch die Kartons durcharbeiten.


Viele Grüße
Tom


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#10

RE: Ja, neues Spielzeug! Die Polaroid 104

in Erfahrungsberichte 06.04.2015 21:54
von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge

3000 und Meßsucher? Sowas hat es nicht gegeben.
http://www.rwhirled.com/landlist/landhome.htm
Danach gab es 2 3000er: eine Swinger und eine SX70. Die hatten aber beide keinen Meßsucher.


Gruß
Jochen
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