RE: War Porn
in Buchtips & Artikel 25.07.2014 18:39von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge
Diese Erklärung kann ich nachvollziehen, danke.
Warum jemand so ein Buch kauft, ist allerdings eine andere Frage. Und daß jemand ein Buch kauft, dessen Inhalt sie/er nicht sehen will, daran habe ich so meine Zweifel.
Gruß
Jochen
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analog: Olympus OM-2 und OM-4, Kodak Retina IIIC, IIIS und Retina Reflex S; digital: Pansonic Lumix GH3 und GF6
meine Galerie http://www.pbase.com/buschkoeln
meine HP http://jochen-b.de/
Mal losgelöst von dem Buch. In der Diskussion gab es eine Aussage bzw. die Frage/Feststellung nach der Sensationslüsternheit:
Zitat von bilderknipser im Beitrag #14
die sensationslüsternen, die sich auch immer sofort an Unfallstellen einfinden. Gerade gestern war auf Euronews ein Bericht über den Flugzeugabsturz in der Ukraine. Da wurde in einer Szene der Kühlwagen mit den Leichen geöffnet. Davor stand eine Menschenmenge, reckte die Hälse und hielt die Kameras hoch. Die Kameras sahen mir überwiegend nicht nach professionellen Reporterkameras aus
Dazu mal ne Frage/Anmerkung - wird dieses Treiben nicht von der "Presse" gefördert. Ich denke da z.B. an eine mit vier Buchstaben und den Leserfotos. Auch andere Medien zeigen immer öfters "Handyfilme" vom Ereignis.
Wie die Bezahlung solcher Aufnahmen aussieht, weis ich nicht - manche dürfte schon die namentliche Nennung Grund genug sein. Ich hatte neulich den Link zu einer Seite für Feierabendfreizeitbildreporter und dort gibt es wenigsten die Einweisung zum Verhalten am Unfallort".
Ob wir von jeden (Auto)unfall ein Bild brauchen - ich brauch`s nicht, aber die Welt der Worte ist heute eher die Welt der Bilder, bzw. wer am aufdringlichsten in die Welt schreit und Gruselbilder schreien einen halt an.
Aber da kommen wir dann in den Bereich Medien und der Umgang mit Ihnen. was bringt Einschaltquote - angebliche Skandale, Schicksale und Leid und wenn das nicht gibt - dann wird so geschnitten das man es glaubt. Was läuft falsch wenn in einer Skisession viele Unfälle passieren, die im Bestfall nur eine Randnotiz sind und dann hat ein Namen Pech und es entstehen Sondersendungen, Aktendiebstahl usw.
vielleicht bin ich unnormal das ich mein eben versuche zu leben und es mich recht wenig interessiert welche Unterwäsche der englische Thronfolger trägt.
Auf der anderen Seite machen wir (die Fotografen) doch bei dem Spiel mit und sind beleidigt wenn unsere ins Netz gestellten Aufnahmen keine Beachtung (likes) erhalten
Steve
"Penta"Mal losgelöst von dem Buch. In der Diskussion gab es eine Aussage bzw. die Frage/Feststellung nach der Sensationslüsternheit:
Diese frage muß wohl jeder für sich beantworten.
Habe mir in den letzten jahren eine recht umfangreiche Büchersammlung aufgebaut,von ,,Heile Welt" bis zum ,,totalen Krieg"
um auch manchmal daran erinnert zu werden wie gut wir es eigentlich haben.Denn einen Krieg haben bestimmt die wenigsten erlebt,was die Forenmitglieder betrifft(ich inbegriffen).Und das ist gut so.
Was ich schon interessant finde das ein Buch mit provokanten Titel wie,,War Porn" solch eine disskusion auslöst,während ,,Requiem" fast unbeachtet blieb,obwohl in meinen Augen viel interessanter aber vielleicht auch viel weiter weg(zeitmäßig) und damit schon romantisch verklärt?
Gruß
Wolfram
I got to the river so lonesome I wanted to die/And then I jumped in the river but the doggone river was dry.
Long Gone Lonsome Blues.
Hank Williams
Ich durfte gestern den Bericht/Film über James (Jim) Nachtwey sehen http://www.jamesnachtwey.com/ welcher bei seiner Arbeit gefilmt wurde. Wir haben immer wieder über verschiedene Bilder bzw. Filmsequenzen gesprochen. Dabei gab es auch einen Blick auf die Sternredaktion und wie die sich über Bilder ausgetauscht haben. Es ist ein Einblick gewesen in Jobs, die ich nicht machen möchte. Auf der anderen Seite fängt man an im Job über manche Sachen anders zu denken bzw. anders mit Ihnen umzugehen.
Wenn ich Akt oder Fetisch fotografiere oder auch wenn ich mir Bildbände (wo man überlegt - Erotik oder doch schon Porno)nach fotografischen Gesichtspunkten anschaue, sehe ich die Mädels mit ganz anderen Augen. Mich interessiert dann eigentlich nur Licht und Blende, ob das Licht gut sitzt und ob die Pose stimmt und nicht "man sieht das Mädel heiß aus" - vielleicht kommt der Gedanke wenn man die fertigen Bilder sich anschaut und stolz auf die fotografische Leistung ist.
Steve
Gestern (Freitagabend) war die Verleihung des deutschen Fotobuchpreis 2015 http://www.deutscher-fotobuchpreis.de/html/sieger.htm . Ausgezeichnet wurde dabei auch WARPORN und zwar mit Gold. Wenn man das Buch liest, und Teile wurden übersetzt vorgelesen, versteht man auch Christoph Bangert und seinen Anlass das Buch heraus zu geben. Es geht ihm darum zu zeigen was Krieg ist und bedeutet. Er möchte den Betrachter zeigen - eh Betrachter das ist die Auswirkung von Krieg, von echtem Krieg und nicht Krieg ala Hollywood oder PC. Er ist selber Familiär betroffen und sein Opa, der im Krieg war (und nur durch Zufall nicht in der SS) erzählte, bei Fragen nach dem Krieg immer nur von seinem Pferd....... Er möchte, wenn ihm mal seine Kinder fragen "Papa was ist Krieg" auf das Buch verweisen und wenn es dem Betrachter dabei schlecht wird - dem sein Problem -
Er hat das Buch auch wegen der Zensur heraus gebracht. Eine Zensur die beim Fotografen anfängt, über die Nachrichtenmagazine geht und beim Betrachter endet. Eine Zensur die sagt "das können wir nicht zeigen, das ist zu direkt. Ob der Betrachter Zensur haben möchte bzw. ob er sich selber Zensiert wird auch mit den auf zu schneidenden Seiten deutlich.
Das vieles was Krieg bedeutet und in unseren Wohnzimmern ankommt haben wir doch beim "sauberen Irakkrieg gesehen wo vermieden werden sollte das Bilder zu sehen sind und die Kriegsbereitschaft schwindet, weil Bilder und Informationen wie während des Vietnamkrieges auftauchen. Auch wenn man andere Bücher, die zum Fotobuchpreis eingereicht wurden und diese verfolgt und z.B. im Buch "Untergang einer Welt" (Silber 2015) erfährt das es in der österreichischen (1914) KuK klare Anweisungen gab wie Bilder vom/aus dem Krieg gefälligst auszusehen haben, dann versteht man warum Kriegsfotografen das Bedürfnis haben die Menschen wach zu rütteln. Es gibt auch Fotografen die irgendwann resigniert hatten vor einer Welt die sich nicht verändert. Über einen der >Magnum Photos>, der Fotograf Sergio Larrain konnte man bei der Preisverleihung auch etwas erfahren. Überhaupt scheint 2014 sehr unter der Betrachtung von Krieg bzw. deren Folgen und Auswirkung ins heute und jetzt zu stehen, wie auch im Buch "Memory of Trees" welches sich mit dem Armenier und der Türkei beschäftigt http://www.artbooksheidelberg.de/html/de...-441-6.html.Die Aufarbeitung mit den Armeniern ist in der Türkei bis heute nicht erfolgt und wird durch die Gesetzgeber auch eher verhindert.http://de.wikipedia.org/wiki/Leugnung_de...n_den_Armeniern . Das Kriegsfotografen wichtig sind um darüber zu erfahren, sieht man auch daran das in diesen Tagen in Stuttgart ein Platz nach GERDA TARO, der Frau von Robert Capa und erste weibliche Kriegsfotografin und erste "im Dienst" gestorbener Kriegsfotograf, benannt wird.
Aber zurück zum WARPORN. Eine der Fragen in der Diskussion bei uns war - warum sollte man das Buch kaufen und anschauen? Die Frage zu beantworten fällt mir auch nicht leicht. Als einer aus den 60ern hatte ich das Glück, keinen Krieg direkt erleben zu müssen und was ich vom Krieg ins Wohnzimmer bekomme, ist weich gespült. Schrecken, Elend, die Folgen bei unbeteiligten gehen in der Informationsmenge unter. Dagegen sieht man dann lange Hollywoodfilme wo der "Held" sich durch sauber, gegen die Bösen, wehrt. Selbst Antikriegsfilme wie "die Brücke" http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Br%C3%BCcke_(1959) , zeigt nur wenig das echte Gesicht vom Krieg. In Zeiten von Ballerspielen am Rechner oder Spielhallen wo mit Farbkugeln aufeinander geschossen wird, ist es vielleicht wirklich Zeit, Bilder zu kennen und zeigen zu können, was Krieg eigentlich auch bedeutet. Vielleicht sollte man so ein Buch daheim haben um sich, nach zwei Stunden Hollywood"krieg" (im Fernsehen, dank Werbung, auch länger) wieder zu erden?
Vermutlich wird aber auch das Buch, wenn man es dann kaufen würde, nichts nachhaltig verändern. Es würde im Schrank stehen und im gegenüber stehenden Fernseher würde ein Held es wieder mit den bösen Schurken aufnehmen und man fiebert mit dem "Held" mit, anstatt sich Gedanken zu den Opfern und ob es nicht auch andere Wege zur Konfliktlösung gegeben hätte, zu machen.
Dieses Ausblenden von Negativen erlaubt es uns vermutlich überhaupt zu "leben". Würde jemand, der mal Bilder von einem Horrorcrash auf der Autobahn gesehen hat, sonst freiwillig und zum Spaß über die Autobahn fahren, ja aus dem Haus gehen. Vermutlich nicht, deswegen ist dieses Verdrängen auch nicht schlecht. Gut ist es, wenn einem dann Fotografen einen Blick über den Schutzzaun ermöglichen. Die meisten werden vermutlich nur kurz innehalten, dann verdrängen/vergessen und weiter leben. Andere werden Diskussionen anstoßen. Diskussionen die am Ende den meisten, einen anderen Blick ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist die Geschichte der "Besiedelung" 8oder besser der Vertreibung der Urbevölkerung) von Amerika.
Steve
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