Praktica EE3 - die zu spät Gekommene
in Erfahrungsberichte 13.10.2013 08:12von DD_Ihagee • Moderator | 3.013 Beiträge
Hallo Fotofreunde,
eigentlich sollte das Thema 'Praktica' ja beendet sein.
In Fulda bekam ich jedoch von Thomas S. (Danke nochmal, schmicki) u.a. eine Praktica EE3 geschenkt; somit geht das Kapitel 'Praktica' also weiter.
Nun denn:
Die Praktica EE3 bzw. ihre Vorgängerin EE2 waren die ersten Zeitautomaten von Pentacon.
Die EE2 erschien 1977, viel zu spät, um auf internationalem Parkett noch mitspielen zu können.
1971 (!) war die Pentax ES erschienen und 1977 waren 37 Anbieter am Markt, die Kameras mit automatischen Belichtungsbildungen verkauften.
Und das, obwohl Pentacon mit der Praktica PL electronic 1968 als erster Hersteller eine Kamera mit elektrisch gesteuerten Verschlußzeiten entwickelt hatte.
Hier kam nunmehr der (leicht gehässige und doppeldeutige) Spruch des Volksmundes zum tragen: "...unsere Mikroelektronik ist nicht kleinzukriegen..."
Genau das war das Problem; durch die CoCom-(Embargo)Liste war auch Pentacon vom internationalen Markt abgeschnitten und man versuchte,(zwangsläufig) das Fahrrad neu zu erfinden.
Das überstieg dann allerdings die Möglichkeiten eines Kameraherstellers.
Die hier vorgestellte EE3 wurde von 1979 - 1980 gefertigt, 1979 hatte die Fertigung der B200 begonnen und eine Weiterentwicklung bzw. Weiterbau der EE nicht sinnvoll werden lassen.
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RE: Praktica EE3 - die zu spät Gekommene
in Erfahrungsberichte 13.10.2013 08:14von DD_Ihagee • Moderator | 3.013 Beiträge
Zur Technik:
Die Basis dieser Kamera ist die bewährte "L"-Reihe. Somit ist auch die Ähnlichkeit zu diesen Kameratypen erklärt.
Im Inneren der Kamera werkeln zur Lichtmessung 3(!) Fotowiderstände, zwei davon als Optokoppler geschaltet.
Genau das ist dann das Problem der heutigen (meist natürlich nicht gewarteten) Kameras; die abweichende Linearität der CdS-Widerstände bewirkt im Laufe der Jahre derartige Abweichungen, daß keine vernünftige Zeitenbildung mehr zustande kommt.
Die Leiterplatten in der Kamera sind noch starr ausgeführt, damit mußte verdrahtet werden, was ein weiterer Fehlerfaktor werden kann.
Flexible Leiterplatten kamen erst bei der B-Reihe zum Einsatz, welche allerdings aus Japan von NEC importiert werden mußten; die Eigenentwicklung blieb erfolglos.
Die Belichtungszeiten betragen lt. Bedienanleitung von 1sek bis zur 1/1000, ich las auch schonmal von 6sek und beim Selbstversuch blieb der Verschluß auch deutlich länger als 1 Sekunde offen.
Das alles im Automatikbetrieb, manuell lassen sich die Zeiten auch einstellen, da allerdings eigenartigerweise erst ab der 1/30sek.
Dort, wo bei den mechanischen "L"-Kameras der Zeitenknopf ist, befindet sich hier der Schalter für die manuelle Korrektur um +/- zwei Blendenwerte.
Sonst sind die technischen Daten identisch der "L"-Kameras; 1/125sek Blitzsynchronzeit, der Verschluß ist der bewährte vertikal ablaufende Stahllamellenverschluß, der gut zu bedienende Schrägauslöser wurde noch verbaut - allerdings wurde keine Auslösesperre vorgesehen, genauso wie ein Winderanschluß nicht konzipiert war.
Eine Batterie (PX21) ist unbedingt nötig - der Verschluß verfügt nicht über eine mechanische Hilfszeit, wie die nachfolgenden B-Varianten!
Die Abwärtskompatibilität war bei Pentacon immer noch wichtig, mit einem kleinen Schalter neben dem Spiegelkasten wurde die Offen- bzw. Arbeitsblendenmessung gewährleistet.
Am Kameraboden befindet sich übrigens der Schalter für den Batterietest.
Im Bild unten sieht man übrigens den Größenvergleich mit der BC1, diese ist dann doch deutlich kleiner, kompakter.
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RE: Praktica EE3 - die zu spät Gekommene
in Erfahrungsberichte 13.10.2013 08:21von DD_Ihagee • Moderator | 3.013 Beiträge
Fazit:
Die EE-Kameras von Pentacon sind schon allein deshalb interessant, weil sie die ersten Zeitautomaten aus DDR-Fertigung waren.
Dem Anfänger würde ich sie (ungewartet) aus vorgenannten technischen Gründen nicht empfehlen. Schnell würde er die Lust am fotografieren mit dieser Kamera verlieren denn ungewartet wird heute wohl keine mehr funktionieren wie sie soll.
Ein weiteres Vorurteil gegenüber den Dresdner Kameras stünde in der Welt und hier geht es ja um Erfahrungsberichte.
Zur Wartung - meist heißt es: "...lohnt sich doch nicht, für xx€ angelst Du Dir doch eine Neue aus der Bucht..."
Nur, daß die wohl alle ähnlich funktionieren.
Mir war die Kamera eine Wartung wert; wie lange allerdings der derzeitige Superzustand anhält weiss ich auch nicht.
Der Reparateur des Vertrauens schlug auf jeden Fall die Hände über dem Kopf zusammen und erzählte folgende Begebenheit: Im Kundendienst tätige Frauen brachen in Tränen aus, wenn die am Freitag noch funktionierende Kamera am Montag vom Kunden abgeholt werden sollte und da natürlich nicht mehr richtig lief bzw. mein Reparateur sich damals fragte, ob er wirklich den richtigen Beruf gewählt hätte - so bereitete gerade diese Kamera den Kundendienstleuten Kopfschmerzen.
Wie man an unten angefügten Bildern erkennt, meistert die EE3 ihre Sache vorzüglich und ich bin momentan sehr zufrieden mit ihr.
Soviel also zu den Elektronikanfängen im Dresdner Kamerabau.
Eine Literaturempfehlung ist auf jeden Fall: "Der VEB Pentacon Dresden" von G.Jehmlich, dort wird der Kamera eine ganze Seite gewidmet.
Erwähnenswert ist auch, daß die EE2 1978 mit S.Jähn im All gewesen ist; dort wurde mit ihr das Bordleben dokumentiert.
Hier nochmal ein paar Links:
Link1
Link2
Link3
[URL=http://museum.praktica.de/index.php?id=16&L=0%27%60%28%5B%7B%5E%7E&tx_prhistory_pi1[showUid]=70&cHash=05331327ea]Link4[/URL]
BDA hier von der EE2
VG
Holger
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RE: Praktica EE3 - die zu spät Gekommene
in Erfahrungsberichte 12.04.2014 23:36von BEEKE • Mitglied | 135 Beiträge
Hallo DD-IHAGEE!
In meiner " Sammlung " habe ich auch eine "BESONDERE" EE3,Eine STASI 899 (EE3) mit feststehenden -teildurchlässigen-
Spiegel und angebautem E-Motor (12Volt). Natürlich mit Langfilmmagazin,und Dateneinbelichtungen.
Eine "SOLCHE" mit 1000mm CZJena Spiegelobj. war im Überwachungsturm am CHECKPOINT "CHARLY" in Berlin plaziert ,
gerichtet zu den AMIES .
Dies war mein "Senf" zur EE3, und nun an ALLE ---gut licht von BEEKE
RE: Praktica EE3 - die zu spät Gekommene
in Erfahrungsberichte 23.10.2014 08:33von DD_Ihagee • Moderator | 3.013 Beiträge
Werbung aus den 70ern.
VG
Holger
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RE: Praktica EE3 - die zu spät Gekommene
in Erfahrungsberichte 07.04.2016 00:03von DD_Ihagee • Moderator | 3.013 Beiträge
Die Aktion "Camera on Tour" brachte mir nun eine Kamera aus genau der Zeit der Praktica EE3 ins Haus und somit ist mir auch mal ein direkter Vergleich möglich (will ja meinen Kamerafundus nicht noch mehr vergrößern ).
Die Minolta XD7 kam wie die Praktica EE2 1977 auf den Markt.
Neben einem sehr hellen Sucherbild bot sie Zeit- und Blendenautomatik, eingespiegelte Blendenwerte, einen Winderanschluß und nicht zuletzt eine kompakte Bauweise.
Außer der Zeitautomatik hatte Pentacon dem nichts entgegenzusetzen.
Mit einer solchen Kamera ließ sich kein Blumentopf mehr gewinnen; letztlich war ihr dann ja auch keine lange Bauzeit vergönnt und wurde von der B200 ersetzt.
Hier stellvertretend die fast baugleiche BC1
Nein, ein Pentaconbashing soll das nicht werden, das läge mir fern.
Aber das damals so gerne kolportierte "Weltniveau" war längst in weite Ferne gerückt und mit der B-Reihe ging es nur noch um Schadensbegrenzung; führend war man lange schon nicht mehr.
Nun, die damaligen Umstände und das Endergebnis sind bekannt.
Die Zeit ging darüber hinweg.
VG
Holger
P.S. Danke nochmal an Horst für das Einverständnis zur Nutzung seiner Kamera als "Model" 😄.
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RE: Praktica EE3 - die zu spät Gekommene
in Erfahrungsberichte 07.04.2016 06:04von Lola • Mitglied | 307 Beiträge
Wenn so eine XD7 von 1977 ist, dann ist aber nicht sonderlich viel passiert in den letzten 40 Jahren Kameraentwicklung seit dem.
Okay, die Mondflüge waren auch in den 60ern, da ist das noch mehr frappant, ...
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Nette Grüße, Lola
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- Henri Cartier-Bresson -
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