#1

Minolta X-300 zerlegt

in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 23.06.2012 05:42
von JoJo • Mitglied | 1.728 Beiträge

Soo, nachdem mich meine Minolta im Urlaub im Stich gelassen hat, habe ich diese heute zerfleddert.

So sieht hinterher eine Kamera aus, die meine Urlaubsbilder versaut hat.



Jede Menge fitzeliger Kram. Aber ich denke nach dem dritten Mal würde ich mir sogar zutrauen, das Ding wieder komplett zusammenzubauen.
Das einzig nervige sind diese Schrauben. Die sind meist als Schneidschrauben ausgeführt und in irgendwelche Kunststoffteile eingedreht. Die sitzen derart fest, dass ohne Hämmern auf den Schraubenkopf gar nichts ging. Zudem sind die Schrauben so weich, dass man sie leicht abwürgt. Bei einer half nur noch die Ständerbohrmaschine.

Den Verschluss hatte ich komplett ausgebaut, allerdings kann man mit diesem alleine nicht viel anfangen.
Die Kraft die man zum Spannen braucht, ist erheblich und wird über ein popeliges Plastik(!)zahnrad übertragen.
Alleine an den Zahnrädern drehen, um zu spannen, kann man fast vergessen. Ich habs nur ein paarmal geschafft.
Damit ich den Verschluss vernünftig spannen kann, mussten Verschluss und Spiegelkasten wieder in das Chassis eingebaut werden.

Interessant ist, dass sich die gesamte elektrische Grundfunktion auf 2 Elektromagnete, sprich 4 Strippen beschränkt.



Hier sieht man die Restmechanik mit den übrigen Drähten.
Der rote und der weisse oben sind für den Haltemagneten für den 2. Verschlussvorhang.
Die Auslösung für den ersten Vorhang erfolgt rein mechanisch über den Spiegelkasten. Also wenn der Spiegel hochgeklappt ist.
Das Hochklappen des Spiegels übernimmt ein zweiter Magnet mit den weissen und grünen Drähten unten.
Nachdem ich also gespannt habe, lege ich 2-3V Spannung oben an den Haltemagneten für den 2. Vorhang.
Geschieht das nicht, laufen beide Vorhänge gleichzeitig ab und es erfolgt keine Belichtung.

"Triggert" man nun den Auslösemagneten des Spiegelkastens unten, indem man nur einen kurzen Spannungsimpuls auf den Magneten gibt, klappt der Spiegel hoch und der erste Verschlussvorhang läuft ab bzw. öffnet sich.



Der Verschluss bleibt nun solange offen, wie der Haltemagnet des 2. Vorhangs Strom bekommt.
Auch bleibt der Spiegel natürlich oben.
Nehme ich nun die Spannung oben an rot/weiss weg, dann läuft der 2. Vorhang ab bzw. schließt und der Spiegel klappt runter.
That's it!

Die gesamte Steuerung der Verschlusszeit funktioniert also so:
1. Kurz vor dem Auslösen bekommt der Magnet für den 2. Vorhang Strom
2. Beim Auslösen wird der Magnet des Spiegelkastens kurz getriggert
3. Der Spiegel geht auf und der erste Vorhang läuft ab
4. Je nach eingestellter Verschlusszeit bestimmt nun die Elektronik (welche hier fehlt) die Zeit, wie lange der Magnet des 2. Vorhangs weiterhin Strom bekommt. Ist eine schnelle Zeit eingestellt, dann wird der Saft bereits kurz nachdem der erste Vorhang ausgelöst wurde unterbrochen und die beiden Vorhänge laufen mit Versatz (Schlitz). Bei "B" wird der Strom erst unterbrochen, wenn der Finger vom Auslöser genommen wird.
Das ist auch der Grund, warum die Batterien leergesaugt werden, wenn man viele Langzeitaufnahmen macht.
Da der Magnet während offenem Verschluss immer Strom bekommt, ist die Batterie um so schneller leer, je langsamer die Zeiten sind, mit denen man fotografiert.

Lustigerweise hat der Verschluss keine Zicken mehr gemacht (war ja klar!).
Der Zustand, dass der erste Vorhang nur halb auf geht, wie bei mir geschehen, kann nicht elektrisch erklärt werden. Es war wohl schlicht und ergreifend ein mechanisches Klemmen des Verschlusses. Denn der erste Vorhang muss IMMER komplett ablaufen bzw. öffnen. Es gibt keine Vorrichtung, die das verhindern oder beeinflussen kann.
Auch eine zu geringe Batteriespannung kann das Öffnen des 1. Vorhangs nicht beeinflussen. Er wird rein mechanisch über ein Federwerk ausgelöst. Lediglich der 2. Vorhang könnte zu früh schließen, wenn die Spannung für den Haltemagneten zusammenbricht. Ist mir schon bei Langzeitaufnahmen passiert.

Beim Schlachten der Kamera hatte ich zunächst den Gedanken, durch Eingriffe in die Ansteuerung der Magnete eine Spiegelvorauslösung zu machen und das vielleicht auch an einer funktionierenden Minolta einzusetzen.
Geht aber nicht. Da die Kopplung Spiegel->1.Vorhang komplett mechanisch arbeitet, kann man den Spiegel nicht hochklappen lassen, ohne dass der Verschluss öffnet.

Alles in Allem also ganz aufschlussreich, die Aktion.

Gruß

Joachim


"Rot ist Plus, Schwarz ist Minus und alles mit mehr als 2 Drähten ist Elektronik"
zuletzt bearbeitet 23.06.2012 05:47 | nach oben springen

#2

RE: Minolta X-300 zerlegt

in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 23.06.2012 06:08
von namir • Mitglied | 2.452 Beiträge

wäre ich jetzt eine Deiner Kameras, würde ich es mir gut überlegen, ob ich Zicken mache, oder nicht. Im Grunde wäre es nicht schlecht, ein rel. gut verfügbares Kameramodell zerlegen und wieder zusammensetzen zu können... lass noch mal 10-20 Jahre ins Land gehen, da könnten funktionierende Kameras dünner gesät sein, als heute. Hab' vor Jahren mal versucht, eine Praktica zu zerlegen -> hab's aber aufgegeben. Wenn es schon so saukompliziert ist, etwas zu zerlegen, wie soll es dann erst mit dem Zusammensetzen sein...


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#3

RE: Minolta X-300 zerlegt

in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 23.06.2012 06:09
von Gelöschtes Mitglied
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Auch wenn der Anlass unerfreulich ist: sehr interessant und danke für die Arbeit. LG Reinhold


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#4

RE: Minolta X-300 zerlegt

in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 23.06.2012 06:13
von Daniel • Mitglied | 2.258 Beiträge

Und jetzt baust Du das Ding wieder zusammen? Das ist mir auch schon einige Male im Leben passiert, daß ich Geräte, die nicht mehr wollten, auseinandernahm, nichts fand, wieder zusammensetzte und sie danach plötzlich wieder liefen.

Gruß,
Daniel


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#5

RE: Minolta X-300 zerlegt

in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 23.06.2012 06:23
von namir • Mitglied | 2.452 Beiträge

Zitat von Daniel im Beitrag #4
Das ist mir auch schon einige Male im Leben passiert, daß ich Geräte, die nicht mehr wollten, auseinandernahm, nichts fand, wieder zusammensetzte und sie danach plötzlich wieder liefen.



stimmt... (z.B. meine Schaltuhr für den Vergrößerer... Aufschrauben... feststellen, dass ich keine Idee habe, was kaputt sein könnte, oder gar, was ich machen könnte, wieder zuschrauben, und sie geht wieder) Vielleicht brauchen die Teile auch nur gelegentlich etwas Aufmerksamkeit.


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#6

RE: Minolta X-300 zerlegt

in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 23.06.2012 06:36
von konicafan • Mitglied | 1.915 Beiträge

Na glückwunsch, ich bin mir sicher das ich weder das eine kann, noch das andere.:-(
Und wenn sie dann noch funktioniert......

Staunende Grüße
Michael


everybody's darling is everybody's Depp (FJS)
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