Sie ist hässlich. Sie ist elektronisch. Es fehlen ein paar Sachen. Ich fange an, sie zu lieben.
Mein Weg zu dieser Kamera war ziemlich seltsam. Freiwillig hätte ich mir diese Kamera nie und nimmer zugelegt. Es begann alles mit einer geschenkten Canon A1 Ausrüstung. Leider stellte sich die Kamera als defekt heraus. Der Auslöseknopf hat einen Wackelkontakt und der Verschluss läuft ab, öffnet aber bei ca. 50 % der Bilder nicht. Mist. Das fast schon obligatorische Verschlusspfeifen war aber in wenigen Minuten dank Spritze und Öl behoben. Na gut, kann ja passieren. Also nach einer neuen alten A1 umgesehen und bekommen - dem Forum sei Dank. Funktioniert astrein - aber nach einem Film war die Batterie leer. Wie kann das sein? Mit einem Spannungsprüfer konnte ich feststellen, dass es einen Kriechstrom gibt, sobald die Kamera eingeschaltet ist, auch wenn man keinen Knopf drückt. Nach ca. 30 Minuten ist die Batterie ratzeputze leer. Bäääh.
Mittlerweile hatte sich neben einem 1.4/50, 2.8/28 und ATX 35-200-Zoom auch noch ein wunderbares 3.5/50er Makro eingefunden und ein hervooragender Kenko MC7 2-fach Telekonverter war besorgt. Aber kein funktionierender Body. Noch ne A1? Neeee. Wat nu? Auch zu den diversen anderen Kameras des Systems wie AE-1 usw. war mein Zutrauen doch sehr beeinträchtigt. Eine deutlich neuere T70 jedoch ist sehr günstig zu bekommen und trotz einiger fehlender Ausstattungsdetails könnte sie den Gebrauch der schönen Objektive endlich ermöglichen. Also mal in der Bucht gucken.
Für 22 Eur. inkl. Versand fand dann eine T70 mit irgendeinem Zoomchen seinen Weg zu mir. Zustand neuwertig, auch die Bereitschaftstasche weist so gut wie keine Gebrauchsspuren auf. Hier die wichtigsten Daten:
Pro:
sie nimmt 2 stinknormale AA-Batterien oder Akkus!!!
motorischer Filmtransport
Programmautomatik (Normal, Tele und Weit)
Blendenautomatik bei Zeitvorwahl
Belichtungsmessung integral und selektiv (11% des Bildes) mit Messwertspeicherung
Zeiten 1/1000 bis 2 Sekunden
keine DX-Kodierung!!! Ja, das ist ein riesen Vorteil!!!
einfache Bedienung, hervorragende Ergonomie
Kontra:
keine Anzeige der Verschlusszeit im Sucher
nur bis 1600 ASA einstellbar
Zeiten über 2 Sek nur mit schwer zu bekommendem Kabelauslöser oder Datenrückwand möglich
lauter Motor
keine Spiegelvorauslösung
keine Abblendtaste
Ein paar schwerwiegende Minuspunkte also. Aber die Kamera funktioniert tadellos und liegt wirklich sehr gut in der Hand, um Längen besser als die A1, die ich zumindest nur mit angesetztem Winder gut halten kann. Es macht wirklich Spass, mit der Kamera zu arbeiten. Sie weist von allen Kameras, die ich besitze, die beste Ergonomie auf. Der Motor ist zwar rel. langsam, aber es lässt sich wesentlich zügiger arbeiten als bei manuellem Filmtransport. Trotz Elektronik und Knöpfchen drücken ist die Bedienung wirklich einfach.
Die T70 hat einige Ausstattungsmängel, aber im normalen Betrieb lässt sich wirklich hervorragend mit ihr arbeiten. Sie ist deutlich neuer als die hochgepriesenen Kollegen und macht trotz viel Plastik einen robusten und zuverlässigen Eindruck. Und was das beste ist - sie funktioniert! Dieses potthässliche Entlein könnte sich glatt als Prinzessin entpuppen.
Fotos der T70 von Matthew Brown, mehr Infos zur T70 auf dieser wunderbaren Seite
LG Reinhold