Rollei Retro 80s in Kaffee gebadet
in analoges Fotozubehör 19.08.2010 01:10von Gelöschtes Mitglied
Hallo zusammen,
Nils hat mir freundlicherweise 2 Rollei Retro 80s zugeschickt, um sie in meinem Kaffee zu testen. Bernd hat ihn hier auch schon ausführlich vorgestellt. Seinen Bericht habe ich vor meinen eigenen Versuchen absichtlich nicht noch einmal gelesen, um möglichst unbefangen zu sein - soweit das überhaupt möglich ist. Da ich mit Infrarot-Fotografie keine Erfahrungen habe und das wohl auch nicht anfangen werde, wollte ich den Film auf seine Alltagstauglichkeit abklopfen.
Entwickelt habe ich ihn in Caffenol-C-L, 60 Minuten Standentwicklung bei 21 °C. Dies hat sich bei Filmen der 100 ASA-Klasse sehr bewährt. Ich habe den 80s mit Belichtungsindizes zwischen 80 und 320 ASA, die Mehrzahl der Aufnahmen mit 160 ASA belichtet. Alle Aufnahmen mit der Minolta X-300 und 1.7/50 Rokkor. Hier meine Meinung:
Empfindlichkeit
160 ASA sind das absolute Maximum und man wird in der Duka wenig Freude damit haben. Beim Scannen muss man schon sehr genau arbeiten und die Schatten etwas anheben. Da der Film sehr feinkörnig ist, kann man das noch vertreten. Optimal ist es aber nicht. Bei 320 ASA geht nix mehr. Bei 80 ASA wird alles besser, die Schattenzeichnung lässt aber immer noch zu wünschen übrig. Und ja, da bin ich etwas verwöhnt! Der Film ist sichtbar überentwickelt, bei EI 40 - 64 ASA und reduzierter Zeit (ca. 40 Minuten) erwarte ich die besten Ergebnisse. Das ist enttäuschend, zumal meine Kaffee-Entwickler sich als sehr gut die Empfindlichkeit nutzend herausgestellt haben. Man muss sorgfältig belichten, der Spielraum ist gering. Dieser Film gehört m.E. nicht in die Liga der mittelempfindlichen Filme um 100 ASA, wie von Rollei suggeriert, sondern eine Stufe darunter.
Der Film muss sehr genau belichtet werden und hat wenig Spielraum, die Entwicklung ist sorgfältig abzustimmen. Ein PanF z.B ist da deutlich einfacher zu handhaben. Von Filmen wie TMax 100 oder Acros ganz zu schweigen, die im Kaffee locker auf 400 ASA kommen. Das sind 2 verschiedene Welten!
Schärfe und Korn
Wie es sich für einen niedrig empfindlichen Film gehört, sind das die Paradedisziplinen des 80s. Hochleistungsobjektive, die schon bei großen Blenden volle Leistung bringen, sind absolute Pflicht, um mit kurzen Zeiten zu arbeiten und die Qualitäten dieses Filmes voll zu nutzen. Sonst braucht man ein Stativ. Das geringste Verwackeln würde schonungslos offenbart werden. Die Tanke mit dem 5x5-Millimeter-Ausschnitt wurde z.B. mit 1/1000 belichtet, um jedes Risiko auszuschließen. Die Grenze des mit meinem Canoscan 8800F machbaren ist eindeutig überschritten.
Lichthofschutz und Kontraste
Da habe ich eindeutig schon besseres gesehen. Das hier gezeigte Beispiel ist schon extrem. Die Lichtreflexe im Wasser sind als solche nicht mehr erkennbar. Die beiden anderen Bilder sind mit der Sonne im Rücken aufgenommen, für jeden Film eine einfache Übung. Ob man extreme Gegenlichtsituationen mit diesem Film in den Griff bekommt, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Eine "flache" Entwicklung bei geringer Emfindlichkeit ist absolute Notwendigkeit. Die Kontraste explodieren ziemlich schnell.
Fazit
Dieser Film hat in der Liga der mittelempfindlichen um 100 ASA m.E. nichts zu suchen. Er ist ein klassischer niedrigempfindlicher Film mit schwer beherrschbaren Kontrasten. Er erfordert ein genaues Kennernlernen des Verhaltens bei unterschiedlichen Lichtsituationen, sorgfältige Belichtung und angepasste Entwicklung. Belohnt wird man mit einer ungeheueren Schärfe und Feinkörnigkeit. Dafür ist der Film dann auch schon wieder relativ tolerant. Also alles eine Frage der Sichtweise. Kommt man aus dem Lager der Schärfefanatiker, wird man ihn für seine Gutmütigkeit lieben, kommt man aus dem Lager der einfach zu handhabenden mittelempfindlichen Filme, kratzt man sich erst mal am Kopf. Dass es um allerhöchstes Niveau geht, sollte man dabei nicht vergessen. Ein hochinteressanter Film.
Schlussbemerkung
Dies sind meine ersten Eindrücke von diesem Film. Daher bitte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Ob ich diesen Film demnächst häufiger verwenden werde, weiß ich noch nicht. Er ist sicher kein Universalfilm für alle Gelegenheiten, aber einer mit einem ganz eigenen Charakter.
Vielen Dank, Nils, für die Filme. Liebe Grüße an alle - Reinhold
RE: Rollei Retro 80s in Kaffee gebadet
in analoges Fotozubehör 19.08.2010 02:11von Gelöschtes Mitglied
Hallo Reinhold,
Deubel, bist Du aber schnell dabei!
Deine Erfahrungen decken sich aber weitgehend mit meinen, nur, daß ich sie hier gerade erstmals formuliert lese.
Die besten Ergebnisse hatte ich auch bei eher diffusem Licht und etwas Überbelichtung (also, wenn ich den Film Pi mal Daumen auf etwa 50 belichtet habe), dann gibt es schöne Grautöne und nicht so extreme Kontraste. Lichthoffrei ist der Film tatsächlich nicht ganz, ungefähr vielleicht wie ein Efke (mit dem er sonst aber rein gar nichts zu tun hat).
Er ist ein niedrigempfindlicher Film, dafür habe ich mit meinem Scanner bislang noch kein Korn herausscannen können und die Schärfe ist selbst mit Uralt-Kameras fast brutal. Ich habe ihn bislang immer mit RHS entwickelt, Maco empfiehlt allerdings RLS für die Entwicklung. Wahrscheinlich kontrastiert er dann nicht so stark.
Den nächsten Flugzeugfilm habe ich übrigens vorhin schon in die Rolleicord gespannt, nämlich das Pendant in der 400er-Klasse, den Retro 400S. Der soll für einen 400er sehr feinkörnig sein und ich bin mal gespannt, wie der sich bei mir schlägt.
Viele Grüße,
Nils
RE: Rollei Retro 80s in Kaffee gebadet
in analoges Fotozubehör 19.08.2010 06:02von Photoamateur • Mitglied | 3.030 Beiträge
Hallo Reinhold und Nils,
auch wenn ich es mich bei Reinholds systematischer Eintestung gar nicht zu fragen wage: Aber ist es sicher, daß der Film im Lichthofschutz schwächelt oder blacht bloß die (Kopierbarkeit der) Lichterzeichnung Probleme? Ich kann auf den Scans - so irrsinnig groß sind die aber auch nicht - nämlich nicht erkennen, daß es Überstrahlungen gäbe. Mangelnde Lichterzeichnung ist zwar ein fabrikatorisches Merkmal, aber gleichwohl auch eine Frage der Belichtung und Entwicklung. Je weicher man entwickelt und desto knapper man belichtet, desto besser wird die Lichterzeichnung. Diese Entwicklung und Belichtung scheint mir aber genau in die andere Richtung zu gehen (möglichst "knackige" Negative mit guter Deckung).
Beim von Nils genannten Efke verhält es sich ähnlich, wenn man ihn reichlich entwickelt und belichtet gehen die Lichter zu, wobei aber der Lichthofschutz freilich nicht auf dem Niveau eines Kodak liegt.
gut Licht
Walter
RE: Rollei Retro 80s in Kaffee gebadet
in analoges Fotozubehör 19.08.2010 06:20von Gelöschtes Mitglied
Zitat von Photoamateur
Ich kann auf den Scans - so irrsinnig groß sind die aber auch nicht - nämlich nicht erkennen, daß es Überstrahlungen gäbe.
Auf dem 4. (letzten) Bild rechts unten. Da spiegelte sich das Sonnenlicht im Fluss, davon ist aber rein gar nichts mehr zu sehen, und das davorliegende Brückengeländer ist komplett zugematscht.
RE: Rollei Retro 80s in Kaffee gebadet
in analoges Fotozubehör 19.08.2010 06:34von Photoamateur • Mitglied | 3.030 Beiträge
RE: Rollei Retro 80s in Kaffee gebadet
in analoges Fotozubehör 19.08.2010 07:49von Gelöschtes Mitglied
Zitat von Photoamateur
...ich habe irgendwie bei dem Brückengeländer eine Spiegelung auf der Linse im Verdacht
Hm, möglich, hab ich bei wirklichen Gurkenlimsen auch schon so gehen. Spiegelungen habe ich bei dem 1,7/50 Rokkor auch schon gesehen, aber als scharf umrandete 6-eckige Blenden-Abbilder. Ich habe noch mal einen Haufen Bilder mit diesem Objektiv durchgesehen und nichts Verdächtiges gefunden. LG Reinhold
PS: dieser "Nebel" ist nicht wirklich weiß, auch nicht im Zentrum. Kann es sich um eine beginnende Solarisation handeln?
RE: Rollei Retro 80s in Kaffee gebadet
in analoges Fotozubehör 19.08.2010 20:23von Gelöschtes Mitglied
Hallo Walter,
danke für Deinen interessanten Hinweis, ich werde in Zukunft mal darauf achten. Ich arbeite leider viel zu wenig systematisch, um zu Deiner Frage eine kompetente Antwort geben zu können...
Viele Grüße,
Nils
@Reinhold: Gehe ich recht in der Annahme, daß Du den zweiten Film nach Deinen ersten Erfahrungen qualitativ auszureizen versuchen wirst? Ich glaube nämlich, daß man da schon eine Menge rausholen kann, wenn man es richtig angeht...
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