Zwei kleine automatische Begleiter
in Erfahrungsberichte 20.04.2007 03:41von Niko • Mitglied | 1.049 Beiträge
Hallo,
obwohl ich ja hierzuforen häufiger schon vom Mittelformat geschwärmt habe und im Alltag gern auf Mamiya 645, Rollei etc. vertraue, bin ich eigentlich ein fauler Kerl... Das passt also nicht unbedingt zu dem doch recht hohen Gewicht, mit dem man sich die Mittelformatqualität regelmäßig erkämpfen muss. Nun ist es ja so, dass ich auch im Kleinbildbereich nicht unbedingt schlecht ausgestattet bin und eigentlich völlig zufrieden sein könnte, wäre da nicht lange schon der Wunsch gewesen, eine (oder auch zwei) kleine vollautomatische Kompakte zu finden, die klein und leicht sind, vollautomatisch und dennoch hochwertige Objektive besitzen. Meine Anforderungsliste sah wie folgt aus:
- Vollautomatik
- keine vorstehenden Teile wegen Taschengängigkeit
- gute optische Leistung, akzeptable Lichtstärke (das warf Zooms erstmal aus dem Feld)
- geringer Preis
Ich habe mich dann bei ebay umgesehen und rigoros gefiltert, bis wenige Modelle übrig blieben. Meine Anforderungen wurden dann von zwei verschiedenen Serien erfüllt:
Zum einen von der Leica mini-Serie (nicht minilux, dem stand der Preis entgegen...) und der Yashica T-Serie.
Ich hielt also Ausschau, bot immer mal ein paar Euro mit und nach ein paar Wochen sah mein Resultat wie folgt aus:
Leica mini II sowie Yashica T3 vorhanden, jeweils unter 15 Euro exklusive Versand bezahlt. Das war mir der Test wert.
Beginnend mit einer optischen Untersuchung stellte ich fest, dass die Leica im ausgeschalteten Zustand dem Ideal einer Taschenkamera sehr nahe kommt. Vorstehende Teile gibt es nicht, die Kamera ist flach und handlich, liegt aber gut in der Hand. Alle Bedienungselemente sind schnell erreichbar.
Die Yashica wirkt ein bisschen bulliger als die Leica, ist insgesamt auch dicker, hat einen Objektivschieber und einen Griffwulst, bietet außerdem einen Winkelsucher. Sie liegt gut in der Hand, die Leica aber gefühlt ein bisschen besser. Denn trotz Griffwulst fanden an der Yashica nicht direkt alle Finger den richtigen Platz.
Außerdem bietet die Leica eine hochwertig erscheinende Ledertasche, die die Kamera gut schützt, gut aussieht und die Kamera nicht wesentlich vergrößert, was für die Jackentasche ja auch Vorteile bietet. Die Yashica hat eine Teilledertasche, die auf der Vorderseite teilweise Stoffapplikationen hat. Diese reiben sich schnell ab, die Tasche sieht infolgedessen schlicht besch.... aus. Aber auf die Tasche kam es ja nicht primär an.
Beide Konzepte haben Vor- und Nachteile. Die Leica hat ein ausfahrbares Objektiv, welches im eingefahrenen Zustand nur durch die Tasche geschützt wird. Das Motorengeräusch beim Herausfahren klingt ein wenig blechern, ist aber nicht nervig. Die Yashica ist durch seitliches Wegziehen des Schiebers sofort betriebsbereit, wenn man nicht auf den Blitz angewiesen ist. Der ist nämlich bei beiden nicht unbedingt von der besten Sorte. Bei der Kameragröße, mit der wir es hier zu tun haben ist klar, dass der Blitz nicht sonderlich groß bemessen sein kann. Ergo reichen beide nur wenige Meter. Im Betrieb fiel mir auf, dass die Leica ein bisschen schneller einsatzbereit ist, wenn Blitzfotos in Folge gemacht werden sollen. Die Batterien (in beiden Fällen Lithium-Typen) wurden vor dem Test erneuert, daran dürfte es nicht gelegen haben. Insbesondere im Fill-in-Modus, der durch den Vorblitz den Rote-Augen-Effekt verhindern soll ist die Yashica ätzend langsam. Es scheint, als würde der Blitzelko zwischen den Blitzen nochmals gänzlich geladen, die Zeitspanne jedenfalls reicht aus. Da ich den Blitz aber in beiden Fällen nur als Zugabe betrachte und es eher auf die restlichen Qualitäten ankommt, ist das verschmerzbar.
Als Objektive setzte man hüben wie drüben Hochwertiges ein. Die Yashica ist betessart, während die Leica mit Elmar daherkommt, die Grundkonstruktion ist also gleich. UV-Filter eingebaut ebenso. Auch bei den 35mm-Brennweite hat man sich nichts Extravagantes einfallen lassen, das ist aber für Kompaktkameras mit "immer dabei"-Bestimmung eine gute Wahl.
Füttern kann man die Kameras laut Bedienungsanleitung mit 50-1000ASA-Filmen, das reicht also im Schnitt aus, exquisite Filmspezialitäten wird man wohl kaum einlegen wollen.
Erstaunlich ist, dass die Bedienungslogik bei beiden ähnlich ist. Eine Taste für die Blitzmodi, eine für den Selbstauslöser, der Auslöser selbst. Das war's. Bei der Leica kann man noch die Unendlich-Einstellung der Fokussierung arretieren und hat eine Datenrückwand (zumindest bei meinem Exemplar, könnte aber serienmäßig gewesen sein, die Yashica gab's so oder so) zur Verfügung. Diese ist aber recht fummelig zu bedienen, lange Fingernägel sind Voraussetzung.
Die Anfassqualität ist bei beiden ähnlich hoch. Kunststoff in Hülle und Fülle findet man bei beiden, mehr ist in der Preisklasse auch nicht zu erwarten, solide sind sie allemal. Durch die einfache Bedienung und die relativ fixe Betriebsbereitschaft sind beide auch als Schnappschusskameras zu brauchen, denn eine flinke Fokussierung bieten sie, nur den Blitz sollte man - wenn es mal schnell gehen muss - ausgeschaltet lassen.
Die Ergebnisse sind in Ordnung. Negativ- und Positivfilme fressen beide anstandslos. Hier und da wären die Belichtungen von meiner Olympus OM-2 doch ausgewogener gemessen worden, was aber auch mit der ausgeklügelten Messmatrix der letztgenannten zusammenhängt und den Kompakten hier nicht angelastet werden soll. Gegenüber einer Olympus µ2 schlagen sie sich mehr als gut, die Ergebnisse würde ich durchweg als besser bezeichnen. Beide Objektive haben eine geniale Schärfeleistung, die man bei anderen Kompakten erstmal finden muss. Die Belichtungstrefferquote lag im Allgemeinen bei weit über 95%.
Bleibt die Frage: Welche wählen?
Vorweg: Ich bin kein Freund von Datenrückwänden, dass bei der Leica eine dabeiwar nahm ich emotionslos zur Kenntnis. Sie kann mal praktisch sein, bleibt bei mir aber aus. Die Yashica hat den Winkelsucher, der ihr im Falle von möglichst unbemerkten Aufnahmen einen Pluspunkt verleihen kann. Kann, weil man zumindest wenn man so kurzsichtig ist wie ich schon bei geringer Entfernung von dem futzeligen Einblickfenster auf der Kameraoberseite ohnehin nichts in dem Winkelsucher erkennt. Kommt reflektierendes Sonnenlicht von der transparenten Abdeckung dazu, ist es ohnehin aus...
Ich könnte mich nur schwer für eine der beiden entscheiden. Die Yashica verträgt - Schieber sei dank - auch einen Transport ohne Tasche, ist aber unhandlicher als die Leica, welche zumindest mir besser in der Hand liegt. Dafür ist die T3 geräuschlos einsatzbereit, bei der Leica surrt kurz der Motor, wenn das Objektiv ausfährt. Bei den optischen Leistungen würde ich sie als gleichauf betrachten. Wer viel blitzen möchte, sollte die Leica wählen, wobei der Blitz auch hier kompaktklassentypisch nicht gerade zu den Glanzleistungen der Kamera gehört. Mein Fazit: Die Yashica liegt im Handschuhfach, die Leica ist in der Jackentasche. Im Handschuhfach stört mich das etwas größere Format der Yashica nicht, in der Jacke finde ich die glatte Form der Leica einfach praktischer. Letztere passt zumindest in meine Hand etwas besser und "liegt" mir daher eher. Missen möchte ich für den Preis keine der beiden. Unter 30 Euro kommt man bei ebay meistens weg, das habe ich jetzt beobachtet. Ein bisschen Zeit sollte man bei der Suche mitbringen, es sind immer welche inseriert und die Preise sind sehr unterschiedlich. Aber Erfolg ist fast gesichert. Wer bei der Yashica ein neueres Modell wählen möchte, sollte beachten, dass die T4 zwar ein 2,8er Tessar bietet, aber nicht mehr den praktischen Schutzschieber und außerdem ein bisschen fimschig verarbeitet ist. Da würde ich die T3 vorziehen. Ihr Sucher ist zwar leicht gelbstichig, was ich auf eine Entspiegelung des Suchers zurückführe, das Einblickfenster ist nämlich komplett leicht gelblich, mich hat das aber nicht gestört und es fiel nur im direkten Vergleich zur Leica mit dem transparenten Sucher auf.
Also: Wer nicht so viel Wert auf die Größe legt und gern ohne Tasche unterwegs ist, sollte die Yashica wählen, allen anderen empfehle ich die Leica. Die Tasche sollte beim Kauf aber dabei sein. Der Preis ist günstig und die Qualität ist in dieser Klasse unangefochten gut. Beides sind meiner Ansicht nach "Best buy"-Empfehlungen, mit denen man sofern sie einwandfrei funktionieren nichts verkehrt machen kann. Wer andere Modelle der Reihen wählen möchte, sollte beachten, dass bei der Yashica aus oben genannten Gründen (für die T5 gilt das gleiche wie für die T4) die T3 die beste Option darstellt. Bei der Leica hat erst die mini II den eingebauten UV-Filter und die mini III ist nicht mehr ganz schwarz, sondern teilweise metallic-farben und außerdem mit dem Summar bestückt, welches eine noch etwas höhere Abbildungsleistung bietet. Dafür ist sie auch teurer...
Gruß
Niko
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In der räumlichen Askese zeigt sich das Wesen des Sammlers.
RE: Zwei kleine automatische Begleiter
in Erfahrungsberichte 20.04.2007 07:35von Holger • Mitglied | 960 Beiträge
Super Erfahrungsbericht !!
Viele Dank dafür !!!
Deine Erfahrungen mit der Yashica kann ich bestätigen - habe ebenfalls 2 davon. Das Zeiss Tessar (auch "Adlerauge" genannt" ist wirklich Spitze.
Meine beiden habe ich schon so 3 bis 4 Jahre. Damals zahlten man bei EBay noch so um die 40-50 Euro. Dass die sooooo billig geworden sein sollen sollte wirklich den ein oder anderen hier zum Kauf verleiten !! Bei dem Preis
Die Leica kenne ich leider noch nicht.
Viele Grüße
Holger
"Blende 8 - und dasein!"
RE: Zwei kleine automatische Begleiter
in Erfahrungsberichte 22.04.2007 21:01von Grisu • Admin | 9.337 Beiträge
Hi Niko,
vielen dank für den tollen Erfahrungs- und Vergleichsbericht. Nach der Enttäuschung mit der Canonet 28 damals bin ich ja wieder erneut auf der Suche nach einer Immer-dabei-hab-Kamera. Ich hab's damit zwar nicht eilig, aber wenn es irgendwann mal was wird, sehe ich mir die beiden genannten Leica-Modelle mal genauer an. Dürfte für mich finanziell sowieso die einzige Möglichkeit sein, mal eine Kamera mit dem roten Punkt zu besitzen.
Gruß
Sven
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Meine Homepage: http://www.glamorous-pictures.de - Galerie, Erfahrungsberichte, Tutorials und Fotoliteratur
Meine Handwerkszeuge: EOS 5D, EOS 5D MK II, EF 24-105/4 L IS USM, EF 70-200/2.8 L USM, EF 50/1.8 II, Cosina AF 19-35/3.5-4.5 Digital, Sigma 12-24 F4.5-5.6 II DG HSM; Canon PowerShot SX50 HS; Yongnuo YN-568 EX II, YN-622C; Panasonic Lumix DMC-G6, Lumix Vario 14-42/3.5-5.6 asph./Mega O.I.S., LUMIX G VARIO 45-150mm / F4.0-5.6 ASPH MEGA O.I.S.
Hallo Niko,
ließt sich Klasse.
Derjenige, welcher auf der Suche nach eine "Immer-dabei - Kamer" ist, dürfte dies eine nützliche Hilfe sein ( Schulterklopf).
Gruß Horst
RE: Zwei kleine automatische Begleiter
in Erfahrungsberichte 23.04.2007 00:11von Grisu • Admin | 9.337 Beiträge
@ Holger,
naja, im Grunde keine schlechte Kamera, edel, schön und robust, aber ich hatte mir damals eine Vollmanuelle gewünscht. Die Canonet 28 ist im Grunde aber eine Vollautomatische, die nur dann Programmautomatik (manuelle Blendenvorwahl) hatte, wenn man zusätzlich einen Aufsteckblitz nutzte. Mir fehlte einfach eine Zeitautomatik oder mindestens eine Blendenautomatik, besser wäre halt noch eine rein manuelle Bedienung, aber mit Belichtungsmesser . Ich dachte, grade bei alten Kameras findet man nur Manuelle, tatsächlich war's wohl umgekehrt...
Daraufhin hab ich sie wieder verkauft.
Ciao Sven
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RE: Zwei kleine automatische Begleiter
in Erfahrungsberichte 02.05.2007 03:48von pongo • Mitglied | 776 Beiträge
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