Hallo anTon,
das ganze ist etwas komplizierter und jetzt kommen wir schon in die Tiefen der Kamerakonstruktion in den 70ern.
Zunächst die einfachere Frage zur SL2000: Diese hat nicht nur den Lichtschacht, sondern auch einen eingebauten Prismensucher mit Lupeneinblick wie üblich.
Früher war der Lichtschacht auch bei Kleinbildkameras alles andere als verpönt und durchaus verbreitet. Hier seien nicht nur die östlichen Exas und Exaktas genannt, die durch ihr Design und ihren etwas eigenwilligen Zeitenbereich (die Exa bis zur 1/175 Sekunde oder sowas) ein wenig auffielen, sondern auch die westdeutsche Edixa genannt. In den 50ern die erste westdeutsche SPiegelreflex mit Schlitzverschluss und als Systemkamera ausgebaut. Sie bestach auch durch Wechselsucher und ist mittlerweile günstig zu bekommen. Wenn Du etwas für's Studio suchst, wäre so etwas sicher geeignet. Zumal es auf dem M42-Gebiet einige Objektive recht hoher Qualitätsanmutung gibt. Hier seien die Schacht-Originale zur Edixa genannt. Schacht hatte ja seinerzeit als einzige Optikschmiede in Deutschland die Lizenz, auf M39-Objektive auch "Leica geeignet" draufzuschreiben und so ist das 35mm Travegon zur Schraubleica ein ebenso gutes wie gesuchtes Objektiv. Ich schweife ab.
Die SL 2000 stand somit am Ende einer Tradition, den Lichtschacht auch im KB-Format einzusetzen. Dass spätestens bei der ersten Hochformataufnahme der Lichtschacht verflucht wird, ist der Haken an der Geschichte. Man entschloss sich damals bei Rollei dazu, den Prismensucher direkt mitzugeben, es entfällt ein Sucherwechsel und die Komplettausstattung ist quasi mit dabei.
Zu Deiner zweiten Frage:
Wieso sollte man keine Magazine brauchen? Dieses Utensil muss ja nicht dem Rollfilm vorbehalten sein. Im Gegenteil, gerade durch die Verbreitung des Kleinbildformates ergibt ja eine solche Entwicklung Sinn, auch wenn sie nicht neu war. Bereits eine Serie der Contaflex und die Adox 300 hatten Wechselmagazine. Die Überlegung war damals, dass ein Ersatzmagazin günstiger ist als ein Zweitgehäuse für andere Filmsorten. Die Flexibilität der Kamera wurde erhöht. Es war ja bei ambitionierten Amateuren durchaus üblich (in den 70ern etablierte sich der Trend), zwei Gehäuse (z. B. eins für SW; eins für Farbe) mitzuführen, um für jede Aufnahmesituation gerüstet zu sein. Entwicklungen gab es auf diesem Gebiet viele. Auch der Filmemacher Hans Domnick hatte diese Idee, wobei er direkt zwei Magazine in einem Gehäuse vorsah, die den 120er Rollfilm auf Knopfdruck nur hinter's Bildfenster schieben sollten. Diese Magazine waren ihrerseits wieder wechselbar, womit quasi jede Filmkombination mitzunehmen war. Der Kamera war aus verschiedenen Gründen kein langes Leben beschert. Nach der photokina-Vorstellung verschwand sie.
In H. Waaskes Biographie "Kameras für Millionen" wird eine auf der Domnick-Kamera beruhende Entwicklung Waaskes vorgestellt, die sogenannte "SLR-Cassette", die ein ähnliches Prinzip verfolgt, nämlich die Verwendung von KB-Filmen in Magazinen zum schnellen Wechseln.
Ob man es braucht steht erstmal auf einem anderen Blatt. Die Überlegung ist sinnvoll, gerade aus Kostengründen (für den Nutzer). Dass es geneigte Anwender auf dem Gebrauchtmarkt eher vor größere Probleme stellt, ein Ersatzmagazin zu besorgen anstatt eines ganzen Gehäuses, ahnte damals ja niemand.
Es hat sich dann gezeigt, dass die Verbraucher es eher schätzten, sich mit zwei Gehäusen zu behängen und damit die Gegend abzulichten. Propagiert wurde in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass man dann immer verschiedene Objektive griffbereit habe, wenn in beiden Kameras die gleichen Filme seien, etc.
Fakt ist: Keine der beiden Varianten ist perfekt. Ein Objektiv oder der Film muss gewechselt werden. Kameras mit Objektivwechselplatte, wie es im Schmalfilmbereich bei Niezoldi & Krämer (Nizo) üblich war, hat sich ja nie für die Fotografie durchgesetzt. Und so leben wir nun mit dem wohligen Gefühl, nie für das richtige Foto gewappnet zu sein, weil wir weder Wechselmagazine noch Wechselplatten für Objektive haben
Fazit: Die Sl2000 ist ein schönes Gerät. Zum kleinen Preis würde ich sie mir auch holen, aber dafür kriegt man sie leider nie und so groß ist der Habenwill-Faktor dann doch nicht. Ich habe mich damit abgefunden, einen Film in der Kamera zu haben. Mehrere Gehäuse habe ich übrigens wie sicherlich die meisten hier auch, eine Magazinkamera für KB dagegen nicht...
Gruß
Niko
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In der räumlichen Askese zeigt sich das Wesen des Sammlers.