Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 28.10.2013 03:05von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge
Da bin ich in der Anleitung meine Fuji bei der Tiefenschärfetabelle drüber gestolpert: "zulässiger Zerstreuungskreis 0,05mm". Sind das nicht 20 Linien/mm bzw. 10 Linienpaare/mm? Dann habe ich in 2 Fotolexiken nachgeschlagen und tatsächlich: KB 0,03mm und MF 0,05mm. Bin ich blöd, oder sind das dann tatsächlich nur 15 bzw. 10 Linienpaare/mm, wo wir uns doch bald ein Bein ausreißen, wenn unsere Filme und Objektive nicht mindestens 50 Linienpaare/mm liefern oder noch besser 150!!!
Gruß
Jochen
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RE: Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 28.10.2013 06:45von Annalog • Mitglied | 182 Beiträge
Hallo Jochen,
Deine Rechnung ist schon richtig, aber: die Tärfenschiefe-Tabellen werden mit Zerstreuungskreis-Durchmessern berechnet, die vor ewigen Zeiten mal festgelegt wurden. Damals hat man kaum vergrößert, sondern war mit 6x9 Kontaktkopien oder max. 9x13 KB-Vergrößerungen glücklich und zufrieden. Von der heutigen Qualität der Filme und Objektive sind wir verwöhnt und ein Auflösungsvermögen von 50 Linienpaaren/mm schafft man mit nahezu jeder Kombination. Daher bin ich auch der Meinung, diese Tabellen sind nicht mehr ganz aktuell.
Welcher Zerstreuungskreis-Dmr. ist heute angemessen? Das kommt auf die individuelle Kombination aus Film, Linse und persönlichem Anspruch an. Die Abbildung wird kontinuierlich unschärfer, je weiter man von der Bildentfernung weg ist, auf die fokussiert wurde. Wieviel weniger Schärfe als maximal möglich ist man bereit, so gerade noch als scharf durchgehen zu lassen?
Wer's genau wissen will: Eric Krause hat dafür einen Online-Rechner und man kann die Tabellen auch ausdrucken. http://www.erik-krause.de/schaerfe.htm
Gruß, Manfred
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RE: Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 28.10.2013 08:32von Prakticant • Mitglied | 383 Beiträge
Zitat von Annalog im Beitrag #2
aber: die Tärfenschiefe-Tabellen werden mit Zerstreuungskreis-Durchmessern berechnet, die vor ewigen Zeiten mal festgelegt wurden. Damals hat man kaum vergrößert, sondern war mit 6x9 Kontaktkopien oder max. 9x13 KB-Vergrößerungen glücklich und zufrieden. Von der heutigen Qualität der Filme und Objektive sind wir verwöhnt und ein Auflösungsvermögen von 50 Linienpaaren/mm schafft man mit nahezu jeder Kombination. Daher bin ich auch der Meinung, diese Tabellen sind nicht mehr ganz aktuell.
Da irrst Du Dich, Manfred, die sind heute so aktuell wie damals.
In den Zeiss-Tabellen für die Rollei-Optiken ist der Zerstreuungskreisdurchmesser mit 56my (0,056mm) angegeben.
Der Zerstreuungskreis sagt doch nichts über das maximale Auflösungsvermögen aus, sondern dient lediglich dazu, festzulegen, ab wann etwas in der Vergrößerung(!) noch als scharf durchgeht, obwohl es natürlich nicht wirklich scharf ist, denn die höchste Schärfe gibts nun mal nur an einem Punkt, entfernungstechnisch gesehen.
Auch wächst der zulässige Zerstreuungskreisdurchmesser mit dem Negativformat nicht deshalb, weil die Kontakte größer sind, sondern weil man ein größeres Format weniger stark vergrößern muß und damit die Ansprüche an die im Print visuell wahrnehmbare Schärfe geringer werden.
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RE: Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 28.10.2013 09:30von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge
Ja, die Zahlen sind ganz aktuell. Ich verstehe aber trotzdem nicht, warum man Details auf dem Negativ - und dann natürlich auch bei den Prints - noch als scharf ansieht, für die das Objektiv nicht mehr als 20 Linienpaaren/mm auflösen müßte. Sind vielleicht die angegebenen Zahlen der Auflösung bei den Objektiven anders zu verstehen? Ich habe mich mal sehr gewundert über die bei den russischen Objektiven angegebene Auflösung (von den Russen). Wenn ich mich richtig erinnere, soll das Jupiter 9 (2/85) demnach ein Auflösungsvermögen von sehr deutlich unter 50 lp/mm haben. Das habe ich seinerzeit im Wechsel mit einem Summicron benutzt, das auch bei sehr kritischer Betrachtung keinesfalls schärfer war.
Zitat von Prakticant im Beitrag #3
Auch wächst der zulässige Zerstreuungskreisdurchmesser mit dem Negativformat nicht deshalb, weil die Kontakte größer sind, sondern weil man ein größeres Format weniger stark vergrößern muß und damit die Ansprüche an die im Print visuell wahrnehmbare Schärfe geringer werden.
Bezogen wird das ja vermutlich auf den "normalen" Betrachtungsabstand, der etwa der Bilddiagonalen entsprechen sollte. Das mag ja durchaus Sinn machen, aber warum dann extrem hoch auflösende Filme und Objektive? Für Leute, die ihre Bilder mit der Lupe anschauen? Meist werden ja auch 2 Werte angegeben: bei Kontrast 1:1000 (gibt es das überhaupt?) und bei 1:1,6 (ist das nicht arg wenig?). Also 20 lp/mm sollte doch jedes Objektiv schaffen, oder? Aber warum sehe ich dann bei meinen Kameras bzw. Objektiven überhaupt Unterschiede in der Schärfe?
Nicht daß ich das für mich überhaupt praxisrelevant finde, aber interessieren tut mich schon, welches Geheimnis dahinter steckt.
Gruß
Jochen
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RE: Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 28.10.2013 10:16von Annalog • Mitglied | 182 Beiträge
Zitat von Prakticant im Beitrag #3
Da irrst Du Dich, Manfred, die sind heute so aktuell wie damals.
Nee, ich glaube, wir sind uns schon einig, mit Auflösungsvermögen hat das Ganze zumindest unmittelbar nichts zu tun.
Wer heute MF knipst, vergrößert auf mind. 18x24, und wer heute KB knipst, fängt bei 13x18 an. Daher sind die Schärfeanforderungen heute größer geworden. Früher war das Papierbild 1-2 Stufen kleiner. Man hat sich mit einem Auflösungsvermögen (oder mit einem Zerstreuungskreis) ohne Probleme abgefunden, bei dem heute ein Kenner feststellen würde: "Das könnte aber besser sein!" Daher meine ich(!) schon, dass die Zerstreuungskreise, die den Tabellen und den Objektivgravuren für die Tiefenschärfe entsprechen, nicht mehr ganz aktuell sind. Ein Zerstreuungskreis von 0,056mm ist bei einer aktuellen Vergrößerung 30x40 vom Rollfilm halt schon deutlich unscharf (ca. 0,4mm), wenn daneben ein Detail knackscharf genau im Fokus ist. Den Unterschied erkennt man jederzeit ohne Lupe bei normalem Betrachtungsabstand. Vor 60 Jahren war eben ein exakt fokussiertes Detail auch nicht viel schärfer, und man hat den Schärfentiefenbereich großzügig daran angepasst.
Deswegen halte ich es jetzt nicht für nötig, das alles zu ändern. Man hat sich an eine seit Jahrzehnten feste Regel gewöhnt und kann damit umgehen. Aktuell benutzt werden diese Regeln also schon noch, und sie werden sicherlich auch niemals geändert werden. Da sorgt schon das Marketing dafür. Ein Hersteller wäre ja auch blöd, wenn er plötzlich als Erster seine Schärfentiefen/Tiefenschärfe/Tärfenschiefe-Tabellen in Richtung "kleinerer Schärfebereich" ändert. Otto-Normalverbraucher kauft sowieso das mit den meisten Pixeln, dem größten Schärfebereich, der größten ISO-Zahl, etc.
Und es kommt natürlich darauf an: Wenn man überwiegend 6x6 auf 18x24 vergrößert, ist die für MF definierte Grenze des Zerstreuungskreises bewährt und okay, bei einer 8-fachen Vergrößerung auf 30x40 sieht es dann schon anders aus. Dann ist zu überlegen, ob man dafür den Zerstreuungskreis kleiner definiert. Das macht übrigens auch Eric Krause. Er hat in seinem Programm die Schärfentiefeberechnung für normales KB und für KB-Poster.
Gruß, Manfred
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RE: Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 28.10.2013 10:41von Annalog • Mitglied | 182 Beiträge
Zitat von bilderknipser im Beitrag #4
soll das Jupiter 9 (2/85) demnach ein Auflösungsvermögen von sehr deutlich unter 50 lp/mm haben.
Wer weiß mit was für einem sowjetischen Qualitätsfilm die das ermittelt haben. So schlecht sind diese Linsen sicher nicht.
Bei meinen quick-and-dirty(*)-Tests komme ich mit 400-er TMY für meine alten Canon-Linsen auf 80, das 50er Mamiya (Mittelformat für die M6) hat deutlich über 100 Linienpaare/mm. (Mit einem Scanner kann man da aber nichts Sinvolles herausmessen, außer evtl. die Auflösung des Scanners.)
(*)mein Siemensstern aus der Hand mit Blitz abfotografiert, dann die Mitte mit maximalem Vergrößerungsmaßstab vergrößert und den scharfen Durchmesser mit Lupe und Lineal gemessen.
Gruß, Manfred
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RE: Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 28.10.2013 11:38von Prakticant • Mitglied | 383 Beiträge
Zitat von Annalog im Beitrag #5
Ein Zerstreuungskreis von 0,056mm ist bei einer aktuellen Vergrößerung 30x40 vom Rollfilm halt schon deutlich unscharf (ca. 0,4mm), wenn daneben ein Detail knackscharf genau im Fokus ist. Den Unterschied erkennt man jederzeit ohne Lupe bei normalem Betrachtungsabstand. Vor 60 Jahren war eben ein exakt fokussiertes Detail auch nicht viel schärfer, und man hat den Schärfentiefenbereich großzügig daran angepasst.
Na dann mach mal ne Aufnahme mit ner 60 Jahre alten Rolleiflex 3,5A.
Die war auch damals schon rattenscharf und somit die Tiefenschärfeskala also auch damals schon "falsch"!
RE: Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 29.10.2013 11:53von Annalog • Mitglied | 182 Beiträge
Zitat von Prakticant im Beitrag #7
Na dann mach mal ne Aufnahme mit ner 60 Jahre alten Rolleiflex 3,5A.
Ich habe leider "nur" eine 53 Jahre alte 2,8F. Das war damals nicht die Standardkamera, weil sie sich kaum jemand leisten konnte. Heute ist die halt ganz nett und ich verwende sie gerne, aber meine Mamiya 6 ist in jeder Hinsicht besser: kleiner, leichter, unauffälliger, deutlich schärfer und deutlich weniger streulichtempfindlich - und hat Wechselobjektive. Leider auch teurer.
Zitat von Prakticant im Beitrag #7
Die war auch damals schon rattenscharf und somit die Tiefenschärfeskala also auch damals schon "falsch"!
Die war damals so falsch oder richtig wie heute. Ein Objektiv kann noch so rattenscharf sein! Wenn am Rand der Tärfenschiefenskala der Zerstreuungskreis auf der 30x40-Vergrößerung etwa einen halben Millimeter Durchmesser hat, dann sage ich: Unscharf. So ist sie, die Physik. Und da hilft auch die schärfste Linse nix.
Ein Rechenbeispiel: Die Buch- und Offsetdrucker wissen, dass das menschliche Auge einen Winkel von ca. 0,02° optisch auflösen kann. Das ist etwa 1mm auf 3m Abstand. Einen 30x40-Abzug müsste ich aus einer Entfernung von mindestens 1,35m anschauen, um den Zerstreuungskreis von 0,45mm (die von Dir genannten 0,056mm 8-fach vergrößert) noch scharf zu empfinden. Oder ich betrachte aus 80cm Abstand einen 18x24-Abzug. In diesen Fällen wäre ich mit dem definierten Zerstreuungskreis von 0,056mm zufrieden. Sobald ich näher rangehe, wird der Bereich der Schärfentiefe unschärfer, und die Skala auf der Linse stimmt nicht mehr.
Man hat eben einfach mal vereinbart, dass bei MF ein Zerstreuungskreis von 0,05 (oder 0,056) für die Berechnung der Tiefenschärfe zugrunde gelegt wird. Und seitdem sind alle damit glücklich, oder alle machen den gleichen Fehler - je nach Sichtweise. Ich kann damit leben.
Jetzt kommt es darauf an, wie man das Foto anschaut. Ein Bild an der Wand wird meist aus gebührendem Abstand betrachtet. Dann passt die alte, willkürliche Definition des Zerstreuungskreises. Da muss ich also reumütig den Rückzug antreten. Wenn man Abzüge von Hand zu Hand durchreicht und sie bei gutem Licht genauer anschaut, hätte man sicherlich gerne mehr Schärfentiefe.
Gruß, Manfred
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RE: Tiefenschärfe - zulässiger Zerstreuungskreis
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 30.10.2013 10:03von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge
Zitat von Annalog im Beitrag #8
[quote="Prakticant"|p10039461]
Die war damals so falsch oder richtig wie heute.
Das empfinde (bin ja vorsichtig) ich auch. Ich habe eine ganze Zeit mit alten Objektiven an der EOS rumgemacht. Das geht ja nur mit Arbeitsblende. Aber scharfstellen konnte ich eigentlich immer mit der Mattscheibe auf den Punkt. Und wie deutlich ist das dann erst auf einem 20x30 oder größeren Print ....
Gruß
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