Erfahrungen 6x9-Falter gegen Mamiya 4,5x6
Erfahrungen 6x9-Falter gegen Mamiya 4,5x6
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 16.08.2010 17:43von BertholdSW • Mitglied | 2.407 Beiträge
Altes aus dem Sauerland.
1 Jahr habe ich jetzt intensiv mit der alten Mattscheiben-Balgenkamera gearbeitet.
Hauptgrund war das besondere Abbildungsverhalten der alten Heliare von Voigtländer, die in der Bergheil verbaut wurden. Der 2. Grund war mein Spiel- und Basteltrieb im Fotobereich.
Aber vernünftige Bilder von Motiven nach meinem Geschmack, sollten, mussten es schon werden.
Eine Mattscheibenkamera mit langem Balgenauszug war Pflicht, denn sonst kommt man nicht präzise in den Nahbereich.
Ergebnis: Der Vergleich der Bergheil mit der Mamiya.
Beide Kameras gelten bei mir als sehr gutes Material für anspruchsvolle Amateure. Damals wie heute.
Klar gab und gibt es besseres.
Wer sich damals ne Bergheil leisten konnte, hätte vor 10 Jahren so eine Mamiya 4,5x6 gekauft. Also Waffenbrüder auf gleicher Höhe.
Man, haben wir es heute gut. Unsere Alt-Vorderen hatten deutlich weniger Sicherheit in ihrer Arbeit. Manches war nur sehr schwerlich umzusetzen. Pilze von unten, über Kamera halb eingraben, ist fast unmöglich. Man kann nicht mehr mit der Lupe scharfstellen. Mein Kopf ist zu gross oder die Augen zu kurz. Manchmal haue ich die Schärfe ganz schön daneben. Aufnahmen im Niesel-Regen fast unmöglich. Den Kassettenschieber bekommt man nicht mehr 100%tig trocken zurückgeschoben, und schon sind Wasserflecken auf dem Negativ. Wenn man auf die richtigen Nebelfetzen warten muss, hilft auch das übergelegte Trockentuch nichts. Die Feuchtigkeit schlägt durch.
Manches Motiv ist durch meine Fehler oder Nichtkönnen im Müll gelandet. Einige gute Motive sind futsch, weil ich nicht schnell genug war. Mal eben die Schärfe nachkontrollieren, weil das Motiv sich verändert hat, ist immer erst: Mattscheibe gegen Rollfilmansatz einwechseln, Lupe raus zur Kontrolle, Rollfilmkassette wieder an die Kamera, und das nervt schon ganz schön.
Das alles geht mit der kleinen Mamiya ratz-fatz. Spiegel hoch, Kontrolle, Spiegel runter fertig.
Eine Spiegelvorauslösung sollten diese modernen MF-Kameras wegen der riesgen Spiegelmasse schon haben.
Der Wechsel zum nächsten Negativ, die Schärfen-Einstellsicherheit und die Belichtungseinblendungen im Sucher sind die grössten Stärken moderner Fotogeräte. Aber auch das Gewicht nimmt um gut 50% zu. Als Rucksackfotograf mit Kniemacke ein grosses Problem. Aber wir radeln ja auch noch, da kann dann mehr Gewicht an Bord.
Nach 10 Filmen kommt so langsam die Falter-Sicherheit. Aber basteln und schrauben muss man zwingend können und lieben. Mattscheiben schleifen ist noch das kleinste Problem.
Oft ergaben sich am Motiv sehr nette Kontaktgespräche, zu unbekannten ehemaligen Fotofreunden. Man fällt gewaltig auf, auch wenn man es nicht so möchte.
10 gute Vergrösserungen in 30x40cm habe ich jetzt auf Baryt zum Vergleich hier liegen. Die nächsten Filme werde ich erst mal wieder mit der 4,5x6 Mamiya machen. Danach kommt die Entscheidung, wo mit es weiter geht. Die alten Falter machen Spass aber erhebliches sicheres Handwerkskönnen ist mit ihnen vonnöten. Ich habe ne masse dazugelernt. Eventuell habe ich mich auch verirrt. Spass gemacht hat es jedenfalls riesig.
Na-Ja, Ihr werdet mein Weiterleben ja miterleben.
Der 2. Rücksack mit dem Mittelformat-APS-Kamera ist gerüstet und wartet auf seinen neuen Einsatz.
Man hat ja immer 2 gute Eisen im Feuer. Die 80jährigen Falter sind einfache, aber treue Gesellen mit ihren Mucken. Man liebt sie trotzdem.
Fotogrüsse von Bertholdsw
Man hat immer 3 Möglichkeiten! Immer!!!
RE: Erfahrungen 6x9-Falter gegen Mamiya 4,5x6
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 16.08.2010 22:00von Gelöschtes Mitglied
Ein sehr interessanter Bericht - daß man auch mit 80 Jahre alten Kameras tolle Ergebnisse erzielen kann, beweisen ja Deine Bilder!
Ich beschäftige mich bekanntlich auch gern mit antikem Fotogerät, weil ich die Herausforderung, die Haptik und die alte Technik mag. Im Mittelformat habe ich allerdings bislang nur ein Modell mit scharfstellbarer Mattscheibe, die Rolleicord, sowie seit neuestem noch die noch nicht näher getestete Super-Ikonta mit gekuppeltem Entfernungsmesser. Ein Vergleich zu "modernen" Mittelformatkameras fehlt mir ganz. Natürlich ist es aber mit meiner (KB-) Minolta X-300 einfacher, scharfe Nahaufnahmen zu machen. Ab 2 oder 3 Metern und nicht zu weit geöffneter Blende ist es selbst ganz ohne Entfernungsmesser im Mittelformat nicht schwierig, das Bild scharf zu bekommen.
Mithalten können viele der alten Kameras problemlos, die Optiken haben oft eine sehr schöne Art, abzubilden, scharf und trotzdem weich. Aber es ist gerade in schwierigen Situationen ungleich mühsamer, etwas hinzubekommen, was mit einer modernen SLR schnell zu meistern gewesen wäre, auch Schnappschüsse sind nicht die bevorzugte Domäne eines alten Falters. Lohnt sich das also?
Ich finde schon. Man lernt dadurch, Bilder auch ohne Automatik hinzubekommen, man ist gezwungen, sich zu konzentrieren, man erhält oft dann doch schöne Ergebnisse und die Kameras sind handlich genug, um sie auf Verdacht mit sich zu tragen. Überall, wo es schnell und hektisch wird, greife ich aber lieber zum handlichen, schnellen Kleinbildapparat und benutze auch gerne mal Automatikfunktionen. Das Wetter ist natürlich auch noch ein Faktor, im strömenden Regen würde ich keinen Falter benutzen, wohl nicht einmal die Rolleicord oder die Minolta. Bei der Braun Paxina mit ihrem Tubus und simplen Aufbau sieht das aber schon anders aus...
Die alten Geräte haben jedenfalls einen festen Platz bei mir, Erfolgerlebnisse wiegen doppelt - und ins Gespräch kommt man tatsächlich, wenn man so etwas mit sich führt!
Viele Grüße,
Nils
RE: Erfahrungen 6x9-Falter gegen Mamiya 4,5x6
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 17.08.2010 00:00von Grisu • Admin | 9.337 Beiträge
Hi Berthold,
wirklich ein netter Bericht. Ich liebe meine Mamiya 645 Pro, und ich werde für lange Zeit - oder vielleicht für immer - dieses System nutzen. Natürlich nicht ausschließlich. Aber da ich an ihr keine Automatiken habe (mir fehlt der Prismensucher mit Belichtung), arbeite ich mit ihr genauso manuell wie mit der uralten Rolleicord Ia. Beide haben ihren ganz eigenen Charme, zugegeben, mit der Cord fällt man mehr auf. Im übrigen sind weder Falter noch Schrauberfähigkeiten so meins geworden, der einzige Falter, mit dem ich brauchbare Ergebnisse hinbekam, war die Zeiss Ikon Nettar, und zugegeben - das war auch nur ein einzelner Testfilm. Ich fotografiere zwar zum Spaß, aber habe doch wenig genug Zeit dafür, als dass ich experimentieren könnte. Und daher setze ich nur Kameras ein, auf die ich mich wirklich verlassen kann. Kann ich das nicht oder nicht ausreichend (die Nettar würde ich ohne einen weiteren Test nicht für wichtige Aufnahmen verwenden), bleibt sie immer dann im Schrank stehen, wenn die Aufnahmen unnwiederbringlich sind, und das ist bei mir leider häufig.
Nichtsdestotrotz hast Du meine Hochachtung für die Mühe, die Du in die alte Bergheil steckst. Das heißt aber nicht, dass Du Dich auf Dauer von der Mami trennen möchtest, oder??
Ciao Sven
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Meine Homepage: http://www.glamorous-pictures.de - Galerie, Erfahrungsberichte, Tutorials und Fotoliteratur
Meine Handwerkszeuge: EOS 5D, EOS 5D MK II, EF 24-105/4 L IS USM, EF 70-200/2.8 L USM, EF 50/1.8 II, Cosina AF 19-35/3.5-4.5 Digital, Sigma 12-24 F4.5-5.6 II DG HSM; Canon PowerShot SX50 HS; Yongnuo YN-568 EX II, YN-622C; Panasonic Lumix DMC-G6, Lumix Vario 14-42/3.5-5.6 asph./Mega O.I.S., LUMIX G VARIO 45-150mm / F4.0-5.6 ASPH MEGA O.I.S.
RE: Erfahrungen 6x9-Falter gegen Mamiya 4,5x6
in Kameratechnik, Objektive, Blitzgeräte 17.08.2010 01:58von Gelöschtes Mitglied
Hallo Bertold,
Falter mit Mattscheibe und Tuch überm Kopp und MF-Spiegelreflex sind 2 Welten. Ich mache zwar nicht so viele Nahaufnahmen wie du, aber wenn es auf zentimetergenauen Fokus ankommt, ist ein Falter überfordert. Dafür ist das "Bukett" wunderbar, das schafft kein modernes Objektiv. Mein letzes Beispiel hier, der Milchkaffee, war immerhin Blende 8 bei 1 m Entfernung mit der Bessa 66. Das kann bei großen Blenden auch schon mal bei Portraits schwierig werden, da muss dann meine Pentacon Six ran. Aber die tu ich mir auf dem Fahrrad nicht an. Geht halt nicht alles auf einmal....
Pilze von unten bei Nieselregen, das wird wohl immer extrem schwer sein, egal mit welcher Kamera.
LG Reinhold
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