Yashica Mat-124 G
in Erfahrungsberichte 01.09.2009 04:03von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge
Über die gibt es hier nichts, obwohl die doch recht verbreitet ist. Na, dann will ich mal.
Vorgeschichte:
6x6 hat mich schon immer gereizt. Vor etlichen - können 40 sein - Jahren habe ich mir bei Foto Quelle eine Revue C3 gekauft. Als ich die auspackte, stand dann allerdings Mamiya auf der Kamera. Die habe ich sehr gern aber viel zu wenig benutzt, weil die einfach zu schwer ist, um rumgeschleppt zu werden. Also wurde sie irgendwann "versilbert".
Dann bekam ich vor ein paar Jahren eine Yashica Mat geliehen. Klein und handlich konnte sie wirklich häufig dabei sein. Spaß hatte ich trotzdem nicht an ihr, weil der Filmtransport nicht richtig funktionierte und weil sie - für mich ein absolutes ko-Kriterium - ohne Gegenlichtblende sehr streulichtempfindlich ist.
In letzter Zeit habe ich dann etwas mit der Falter Franka Solida fotografiert. Die Bildqualität ist mit E-Messer nicht zu verachten, aber dieses Film-Format mit diesem Kompaktkamera-Sucher paßt irgendwie nicht zusammen - aber so war das nun mal in den 50ern.
und jetzt:
wie ich schon an anderer Stelle schrieb, konnte ich am Samstag auf dem Flohmarkt nicht wiederstehen und habe trotz lauten Protestgebrülls meines Portemonais eine Yashica Mat-124 G erstanden. Wenn nicht eine Gegenlichtblende dabei gewesen wäre, hätte ich sicher die Finger davon gelassen. Zusätzlich gereizt hat mich, daß auch noch ein Tele-Vorsatzobjektiv-Set dabei war. Die Sachen haben zwar arge Gebrauchsspuren, machten aber einen guten Eindruck. Nur der Belichtungsmesser soll nicht funktionieren. 75 Euro hielt ich für einen angemessenen Preis. Inzwischen weiß ich, daß es allein wegen des Teles ein Schnäppchen war.
Die Kamera hat ein vergütetes 4-linsiges Aufnahmeobjektiv 3,5/80 vom Tessar-Typ und ein 3-linsiges Sucherobjektiv mit der Lichtstärke 2,8. Durch die höhere Lichtstärke ist nicht nur der Sucher heller, sondern es erleichtert durch die geringere Tiefenschärfe auch die Scharfstellung.
Die Mattscheibe hat keine Einstellhilfe, aber es läßt sich eine 3-fach Lupe ausklappen, mit der man auch noch das ganz Bildfeld sehen kann. Sehr hilfreich finde ich die Gitterlinien, weil es durch das seitenverkehrte Bild nicht immer so ganz einfach ist, die Kamera gerade auszurichten. Warum die Gitterlinien so unterschiedliche Abstände von oberen/unteren und seitlichen Rändern haben, weiß ich noch nicht.
Der Lichtschacht läßt sich zu einem sogenannten Sportsucher mit horizontalem Einblick umfunktionieren, indem man einen Ausschnitt vorne nach innen wegklappt. Natürlich hat man dann keine Mattscheibenkontrolle.
Der Verschluß ist ein Copal-SV mit Zeiten von 1-1/500 sec + B, also „richtige“ Verschlußzeiten, die auch der Belichtungsmesser anzeigt, anders als bei der Seagull. Die Verschlußzeiten werden wie die Blende (3,5-32) mit sanft gehenden Rändelrädchen verstellt und werden in einem von oben sichtbaren Fensterchen angezeigt.
Filmeinlegen und Filmtransport gehen mit der Kurbel sehr sauber und leicht. Natürlich hat die Kamera Doppelbelichtungssperre und ein Bildzählwerk. Neben den 120er Filmen für 12 Aufnahmen lassen sich auch 220er für 24 Aufnahmen verwenden. Das gibt nur einen Sinn, wenn man sich den Filmwechsel ersparen will, denn bei allen Anbietern sind zwei 120er Filme billiger als ein 220er (z.T. 20%). Im ebenfalls sehr sauber gehenden Entfernungsknopf ist eine Merkscheibe für die Art des Films bzw. „leer“ integriert. Genau das Richtige für einen alten Herrn wie mich.
Über den Belichtungsmesser kann ich (noch) nichts sagen, weil er nicht funktioniert. Der braucht eigentlich eine Quecki, aber das soll man nicht so eng sehen, wie man im Netz liest. Er rührt sich aber auch mit einer Alkali nicht. Die Ursache kann auch sein, daß der Fühler am Lichtschacht nicht richtig sitzt. Das war bei der Kamera, die ich mal hatte auch so ein Problemchen. Mal sehen, was mein Reparierer sagt, wenn er aus seinem Sommerdomizil in Spanien zurück ist. Der Belichtungsmesser wird normalerweise eingeschaltet, wenn man den Lichtschacht aufklappt. Das ist einerseits praktisch, birgt andererseits aber auch eine Gefahr. Wenn man mit aufgeklapptem Lichtschacht rumläuft, erschöpft sich nicht nur die Batterie schneller, sondern man kann die Cds-Zellen durch ständiges sehr helles Licht (Blick in die Sonne) auch dauerhaft schädigen. Er läßt sich von 25-400 ASA einstellen und der Abgleich erfolgt, indem 2 Zeiger durch Verstellung der Blende oder der Verschlußzeit zur Deckung gebracht werden, ist also gekuppelt.
Ansonsten gibt es noch eine Auslösersperre, einen „kalten“ Zubehörschuh, einen Standardblitzstecker und einen Selbstauslöser.
Soweit erst mal zum Handling, das wirklich ein Vergnügen ist.
Der Testfilm erfreute mich mit gleichmäßiger Belichtung von f4 + 1/500 bis f32 + 1/8. Die Testbilder habe ich ohne Stativ gemacht, und bei 1/30 ist schon ein leichter horizontaler Wackler zu erkennen. Für die Bildqualität habe ich noch keinen Vergleich, aber sie steigt bis f8 sichtbar an.Darüber hinaus konnte ich keine Veränderung erkennen (mit 10-fach Lupe). Ich habe auch nicht den Eindruck, daß ich schon bei 5,6 mit einem deutlichen Randabfall rechnen muß. Ich habe inzwischen aber auch ein paar Testbilder gemacht, die ich dann mit anderen Aufnahmen vergleichen kann. Bei dem 3-Linser der Franka hatte ich aber schon festgestellt, daß sie selbst ohne Abblendung mit sehr guten KB Objektiven mithalten kann bis auf den Schärfeabfall zum Rand. Wie die Streulichtempfindlichkeit mit Sonnenblende aussieht werde ich leider erst sehen, wenn ich meinen 2. Film zurückbekomme. Das ist ein Diafilm, und das dauert inzwischen ja mindestens 1 Woche.
Von dem Televorsatz (1,5x also 75mm) habe ich eigentlich nicht viel erwartet, aber er schlägt sich doch erstaunlich gut. Der Qualitätsanstieg bis f8 fällt noch deutlicher aus als ohne, und wenn das Filmkorn nicht wäre, dann wäre eine Ausschnittvergrößerung wohl besser als das Tele bei Blende 3,5. Vielleicht ist das für Porträtaufnahmen aber garnicht so verkehrt. Wenn meine Modelsuche erfolgreich war, werde ich ja sehen. Heute mußte ich sie leider verschieben, weil pünktlich zu meinem Feierabend Dauerregen eingesetzt hat. Einen Haken hat die Sache mit dem Vorsatz. Es wird nicht nur die Brennweite um den Faktor 1,5 verlängert sondern auch der Mindestaufnahmeabstand auf ca. 1,75m, weil der Objektivauszug ja gleich bleibt. Ohne Vorsatz erreicht man im Nahbereich deshalb einen deutlich größeren Abbildungsmaßstab. Wegen des großen Durchmessers des Aufnahmeobjektivs kann man eine Gegenlichtblende nicht verwenden. Sie würde vor das Sucherobjektiv ragen.
Es gibt auch noch einen Weitwinkelvorsatz (0,75x also 35mm), für den man in der Bucht mindestens 70 Euro hinlegen muß. Ich könnte mir vorstellen, daß es da größere Probleme mit dem Randabfall gibt als bei einem Tele.
So, denn bis zum Eintreffen meiner Dias.
Gruß
Jochen
Gruß
Jochen
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analog: Olympus OM-2 und OM-4, Kodak Retina IIIC, IIIS und Retina Reflex S; digital: Pansonic Lumix GH3 und GF6
meine Galerie http://www.pbase.com/buschkoeln
meine HP http://jochen-b.de/
Hallo Jochen,
einen sehr informativen und gut geschriebenen Bericht hast du uns hier verfasst. Ich hoffe, es gibt bald viele schöne Bilder aus der Kamera zu sehen.
Was das Streulicht angeht, habe ich bei z.B. Tubus-Kameras (Paxina et. al.) neben der Linse auch den Innenraum der Kamera als "Übeltäter" entlarvt. Da kann man manchmal eher von einer dunklen Verspiegelung reden. Mit einer "Beflockung" mit schwarzem, selbstklebendem Velours lässt sich da noch was machen. Vielleicht ja auch hier Teil der Problematik. Werd nachher mal einen kleinen Beitrag mit Bildern dazu verfassen.
LG Reinhold
Zitat von grommi
Hallo Jochen,
einen sehr informativen und gut geschriebenen Bericht hast du uns hier verfasst. Ich hoffe, es gibt bald viele schöne Bilder aus der Kamera zu sehen.
LG Reinhold
Dem kann man ich mich nur anschließen!
Ich fotografiere seit 1985 mit der 124G. Vor einigen Jahren habe ich den Beli von der PX625 (1,3 V) auf die V625U (1,5 V) umstellen lassen und es klappt mit der Belichtung prima.
Den Tele- bzw. Weitwinkelvorsatz besitze ich nicht, da sie früher verhältnismäßig TEUER waren und man überall lesen konnte, dass sie nicht viel taugen. Um so überraschter bin ich über Deine Einschätzung!
Ein Tip - falls noch nicht bekannt: Bei Verwendung des Selbstauslösers muss der Synchro-Wähler auf "X" gestellt werden! Sollte der Synchro-Wähler in der Stellung "M" benutzt werden, könnte der Verschluss Schaden nehmen.
So steht es zumindest in der Gebrauchsanleitung.
Nochmals "HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH" zur 124G und viel Spass damit!
Gruß aus Anröchte
Franz
RE: Yashica Mat-124 G
in Erfahrungsberichte 11.09.2009 09:39von uthaburn • Mitglied | 1.631 Beiträge
Dann mal viel Spass Jochen, mit deiner neuen Yashica. Übrigend hat die 124 G ja das Bajonett I, hier passt alles Rolleizubehör.
LG
Frank
alles was Klack macht !!
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RE: Yashica Mat-124 G
in Erfahrungsberichte 12.09.2009 03:42von Fotohuis • Mitglied | 88 Beiträge
Schönes Bericht.
Ich fotografiere auch mit dem Mat 124-G. Das Schwachpunkt von der Kamera ist das Filmtransport. Ein C.L.A. hilft dabei und dann kann man wieder Jahren problemlos weiter machen. Weiter ist den Gegenlichtblende sehr wichtig.
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RE: Yashica Mat-124 G
in Erfahrungsberichte 12.09.2009 04:43von Bernd • Mitglied | 1.664 Beiträge
In Antwort auf:
75 Euro hielt ich für einen angemessenen Preis. Inzwischen weiß ich, daß es allein wegen des Teles ein Schnäppchen war.
Das kann man sagen. Auch ohne Tele werden die Mats deutlich teurer gehandelt. Sie sind auch wirklich klasse Kameras. Ich habe auch eine und kann wirklich über nicht meckern. Sie waren zu ihrer Fertigungszeit sehr beliebt und den "Analogen" zu Recht auch heute noch.
Dein Bericht ist bemerkenswert detailliert und sachverständig, absolut dazu geeignet, bei anderen Fotografen das Interesse an der Mat zu wecken.
Viel Freude noch an dieser Kamera
Bernd
By the way:
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www.Lomography.meinAtelier.de
RE: Yashica Mat-124 G
in Erfahrungsberichte 02.09.2010 23:54von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge
Nach dem Usertreffen am WE muß ich das noch ergänzen. Dieter hatte seine Rolleiflex mit und Stephan die Rolleicord. Bei einem vergleichenden Blick in alle 3 Lichtschächte, war ich doch etwas erschüttert. Das Mattscheibenbild der Yashi ist bis in die Ecken gleich hell. Die Cord überraschte mich mit sehr starkem Helligkeitsabfall in die Ecken und auch bei der Flex war das noch deutlich und für mich störend zu sehen. Keine Ahnung, ob das nur an der höheren Lichtstärke des Sucherobjektivs der Yashica lag.
Gruß
Jochen
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Hi Jochen,
stimmt, die Yashica hat einen sehr hellen Sucher. Ich habe das mal mit meiner Uralt-Cord verglichen, die dagegen stockduster ist. Trotzdem sind mir mit meiner Cord schon hervorragende Nachtaufnahmen gelungen... Ich habe meinem Vater vor 2 Jahren eine 124G für ~80 EUR ersteigert und zum Geburstag geschenkt, war schon fast versucht, sie selbst zu behalten, wäre ich bis heute. Eine wirklich schicke Kamera, und bei ihm (er hat wohl noch eine Quecki drin) funktioniert sie tadellos. Eine Streulichtempfindlichkeit hat auch meine alte Cord. Von irgendwem aus dem Forum (von Dir?) hab ich mal eine Alu-Streulichtblende geschenkt bekommen, die passt zwar nicht zum Aufstecken (etwas zu groß), aber man kann sie gut mit der unteren Hand, die die Kamera stützt, vor dem Aufnahmeobjektiv festhalten, und es bringt tatsächlich spürbar etwas.
Gratuliere Dir zum Erfolgskauf, und ich wünsche Dir viel Spaß damit. Der Preis ist super, dafür bekommt man sie bei eBay praktisch nicht.
Grüße
Sven
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Hallo Jochen,
klar liegt es auch am lichstärkeren Objektiv. Aber die Mattscheibe hat einen entscheidenden Einfluss. Wenn ich z.B. das Mattscheibenbild der Minolta X-300 mit dem einer Porst Compact Reflex vergleich, liegen da Welten zwischen. Auch die P6 hat eine eher dunkle Standard-Mattscheibe. Für die habe ich jetzt in der Ukraine eine angepasste, hellere Kiev-Mattscheibe (Fresnell, Schnittbild, Mikroprismen) bestellt. Wenn sie da ist und eingebaut, schreibe ich was dazu. Zu beachten ist noch, dass bei einer anderen Mattscheibe auch die TTL-Belichtungsmessung angepasst werden muss.
LG Reinhold
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