RE: Filme "pushen" - wie funktioniert das?
in Dunkelkammer & Entwicklung 23.11.2009 23:38von Gelöschtes Mitglied
Zitat von bilderknipser
1. Grundsätzlich kann man leider auch mit Pushen die Empfindlichkeit nicht wirklich steigern. Die Mindestlichtmenge, die ein Film für eine Belichtung braucht, bestimmt die Emulsion und nicht die Entwicklung.
2. Um optimale Tonwertwiedergabe zu erreichen, ist es deshalb immer sinnvoll, mit der Nennempfindlichkeit zu belichten und entsprechend zu belichten.
Zu 1. Natürlich lassen sich SW-Filme "korrekt" pushen. Natürlich nicht einfach durch verlängerte Entwicklung mit dem gleichen Entwickler. Dann wird die Gradation aufgesteilt. Aber es gibt spezielle Entwickler, die von Haus aus weich arbeiten und mit denen eine Empfindlichkeitssteigerung bei durchschnittlichem Gamma (Wert für den Kontrast) machbar ist. Bestes Beispiel ist Diafine, mit dem die meisten Filme eine höhere Empfindlichkeit bei ausgeglichenem Kontrast haben. Promicrol, Emofin oder Acufine sind andere Beispiele. Das Gegenteil tritt bei vielen Feinkornentwicklern auf, die die Nennempfindlichkeit der Filme nicht ausnutzen und sozusagen originäre "Pull"-Entwickler sind. Die tatsächliche Empfindlichkeit eines Filmes hängt also sehr wohl vom Entwickler ab. Über die Entwicklungszeit lässt sich dann der gewünschte Kontrast steuern.
zu 2. stimmt natürlich aus den gleichen Gründen nicht. Jede Film-Entwickler-Kombination hat ihre eigene Empfindlichkeit. Die "Nennempfindlichkeit", also was auf der Schachtel steht (Boxspeed) ist von den Herstellern meist viel zu optimistisch angegeben und nur eine grobe Orientierung. Beim praktischen Einsatz sollte man lieber vom Belichtungsindex EI (Exposure-Index) sprechen, der die Entwicklung und damit die tatsächliche Empfindlichkeit berücksichtigt.
LG Reinhold
RE: Filme "pushen" - wie funktioniert das?
in Dunkelkammer & Entwicklung 24.11.2009 05:38von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge
Reinhold, das ist leider nicht richtig. Die Emulsion bestimmt, bei welcher Mindestlichtmenge eine Reaktion erfolgt. Nach der Belichtung läßt sich das mit nichts mehr ändern. Ich zitiere mal: "Während der Belichtung ... werden durch die Lichteinwirkung ... Silber-Ionen (Ag+) in den Silbersalzkristallen der Fotoemulsionsschicht zu metallischen Silberatomen reduziert. Diese Silberkeime bilden das „latente Bild“ ... Durch den Entwickler werden die an den belichteten Stellen vorhandenen kleinen Silberkristalle (Ag) autokatalytisch vergrößert."
Man kann beim Entwickeln das latente Bild unterschiedlich stark verstärken, und die verschiedenen Entwickler machen das mehr oder weniger ausgleichend, aber dort, wo wegen zu geringer Belichtung nichts ist, kann auch der Entwickler nichts hinzaubern. Deshalb erfolgt beim Pushen zwangsläufig eine "Stauchung" der Tonwerte, was die verschiedenen Entwickler sicher unterschiedlich gut hinkriegen.
Noch was zum Pushen: "Dabei handelt es sich um keine reale Steigerung der Filmempfindlichkeit nach der ISO-Norm, für die Entwicklungsprozess, Negativkontrast und zu erreichende Schattendichte streng festgelegt sind. Push- und Pullprozesse variieren diese Parameter bewusst und passen sie an die Anforderungen einer Aufnahme unter von der Norm abweichenden Anforderungen an. Schattenpartien verlieren beim Pushprozess mit SW-Negativfilm durch die im Vergleich zur stark verringerten Belichtung nur geringfügig zunehmende tatsächliche Filmempfindlichkeit zunehmend an Zeichnung. Durch den bei der Entwicklungsverlängerung gesteigerten Kontrast wird auch eine differenzierte Wiedergabe der Lichterpartien zunehmend schwierig bis unmöglich."
Die Nennempfindlichkeit kann je nach Entwickler sicher auch variieren, weil die Ermittlung zwar genormt ist, aber es in diesem Rahmen offenbar auch spielräume gibt, die unter markttechnischen Gesichtspunkten ausgeschöpft werden. Auf der Tetenal-Seite gab es mal eine sehr differenzierte Tabelle zu Film-Entwickler-Kombinationen. Auch mit Emofin erreicht man danach bei hochempfindlichen Filmen und "normalem" Gamma nur knapp die auf der Packung aufgedruckte Empfindlichkeit wenn überhaupt.
Wir gewöhnen uns nur an die "schlechte" Tonwertwiedergabe. Wenn Du mal intensiv und ernsthaft mit dem XP2 arbeitest, dann weißt Du erst, was an Tonwertwiedergabe möglich ist. Deshalb bevorzuge ich Standardentwicklung ohne irgendwelche Tricks.
Gruß
Jochen
Gruß
Jochen
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analog: Olympus OM-2 und OM-4, Kodak Retina IIIC, IIIS und Retina Reflex S; digital: Pansonic Lumix GH3 und GF6
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RE: Filme "pushen" - wie funktioniert das?
in Dunkelkammer & Entwicklung 24.11.2009 06:05von Photoamateur • Mitglied | 3.030 Beiträge
In Antwort auf:
Reinhold, das ist leider nicht richtig. Die Emulsion bestimmt, bei welcher Mindestlichtmenge eine Reaktion erfolgt. Nach der Belichtung läßt sich das mit nichts mehr ändern. Ich zitiere mal: "Während der Belichtung ... werden durch die Lichteinwirkung ... Silber-Ionen (Ag+) in den Silbersalzkristallen der Fotoemulsionsschicht zu metallischen Silberatomen reduziert. Diese Silberkeime bilden das „latente Bild“ ... Durch den Entwickler werden die an den belichteten Stellen vorhandenen kleinen Silberkristalle (Ag) autokatalytisch vergrößert."
Ich glaube das Problem ist da, daß wir nicht genau wissen, welche Kniffe die Hersteller anwenden. Traditionell waren niedrigempfindliche Schichten einfach nur dünner, hochempfindliche dicker. Das funktionierte allein nach dem Prinzip wo mehr Material ist, da wird eine zum Kopieren/Vergrößern notwendige Grunddichte leichter erreicht. Dann kamen ab den 30er/40er Jahren verstärkt Stoffe wie Goldrhodanit zur Steigerung der Empfindlichkeit auf chemischem Wege und andere Kunstgriffe wie heißerer Beguß und neue Härtungsmethoden, die weniger Empfindlichkeit kosteten, oder letztlich die Flachkristalltechnologie hinzu. Aber prinzipiell ist es wohl immer noch so, daß hochempfindliche Emulsionen einfach durch ein Mehr an erzielter Dichte bei gleicher Lichtempfindlichkeit hochempfindlicher sind. Ein Tmax 400 ist auch heute noch dicker als ein Tmax 100. Die Wahrgenommene Körnung entsteht ja nur durch Überlagerung der einzelnen Körner. Bei den Flachkristallern kann man sich das praktisch so vorstellen: Wir haben auf einem Brett schwarze Kugeln aus Knetmasse, die rollen wir nun mit einem Nudelholz flach und plötzlich ist bei gleicher gesamtmenge an Knetmasse viel weniger von dem Brett zu sehen.
Worauf ich hinaus will, ist, daß nach gleicher Technologie gefertigte hochempfindliche Filme "in ihren Einzelteilen" nicht hochempfindlicher sind als niedrigempfindliche, sondern nur in ihrer Gesamtheit. Damit ist die ausnutzbare schichtdickenabhängige Empfindlichkeit viel geringer als die theoretische schichtdickenunabhängige Empfindlichkeit und folglich müßte es theoretisch (ohne Betrachtung chemischer Gesetzmäßigkeiten) auch möglich sein, durch geeignete Entwicklung die Größe der Kristalle weiter oder weniger weit "aufzublasen" und damit die wahrgenommene Schwärzung zu erhöhen.
gut Licht
Walter
RE: Filme "pushen" - wie funktioniert das?
in Dunkelkammer & Entwicklung 24.11.2009 10:01von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge
Zitat von Photoamateur
müßte es theoretisch (ohne Betrachtung chemischer Gesetzmäßigkeiten) auch möglich sein, durch geeignete Entwicklung die Größe der Kristalle weiter oder weniger weit "aufzublasen" und damit die wahrgenommene Schwärzung zu erhöhen.
Ja, ja, genau so funktioniert es ja, aber Du hast ein kleines Wörtchen vergessen: es muß heißen "die Größe der BELICHTETEN Kristalle...". Diejenigen, die zu wenig Licht für eine Grundschwärzung bekommen haben, kann man auch nicht aufblasen.
Gruß
Jochen
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RE: Filme "pushen" - wie funktioniert das?
in Dunkelkammer & Entwicklung 30.11.2009 04:35von Gelöschtes Mitglied
Zitat von Photoamateur
[quote]Ich glaube das Problem ist da, daß wir nicht genau wissen, welche Kniffe die Hersteller anwenden.
Ein besoders ausgeprägtes Beispiel ist der Fomapan 400. Ein schöner Film, aber "Boxspeed" 400 stehen gerade mal real nutzbare 250 ASA mit den üblichen Standardentwicklern gegenüber. Folge: abgesoffene Schatten bei Prozess nach Herstellerangabe. Dass dieser Film dann auch noch eine Toleranz gegen Unterbelichtung ohne Anpassung der Entwicklung haben soll (Herstelleraussage) ist ein schlechter Witz. Man sollte ihn als 200er deklarieren. Außerdem ist er für seine extrem schlechte Pushbarkeit bekannt. Wer versucht, daraus einen 1600er zu machen, wird garantiert Schiffbruch erleiden.
Dann schmeißt man ihn in einen die Empfindlichkeit besser ausnutzenden "Pushentwickler", in diesem Fall Promicrol. Volle Schattenzeichnung und ein gutmütiger Kontrastverlauf. Ergebnis: nutzbare 500 - 600 ASA. Also Pi mal Daumen real +1 bis +1,5. Und ein Gradationsverlauf, der auch mal eine Unterbelichtung ohne großen Schaden übersteht. Man könnte ihn so als 800er durchgehen lassen, bei nur sehr geringem Verlust in den Schatten.
Fazit: Pushen mit "normalen" Entwicklern durch Verlängern der Entwicklungszeit ist unweigerlich mit einem Aufsteilen der Gradation verbunden, Verlust an Schattenzeichnung wird eintreten. Ob dies tolerabel ist, hängt von der Situation ab. Kann man auf Schattenzeichnung verzichten, ist ein Gewinn von 1-2 Blenden durchaus möglich. Besser ist es aber, spezielle Entwickler wie z.B. Promicrol zu verwenden. Oder solche, die sich z.B. durch Ändern der Konzentration gut steuern lassen. Streng genommen sollte man m.E. dann auch nicht von Pushen reden. Jede Film/Entwickler-Kombi hat nun mal eine eigene optimale Empfindlichkeit zur Folge.
LG Reinhold
PS: Kipprhythmus war alle 2 min 3x. Die Beulen im Kurvenverlauf sind auf Messungenauigkeiten zurückzuführen. Und 20 min. wären wohl noch einen Tick besser gewesen. Zumindest messtechnisch ;)
RE: Filme "pushen" - wie funktioniert das?
in Dunkelkammer & Entwicklung 04.12.2009 19:45von Gelöschtes Mitglied
Hier ein Beispiel mit dem Foma400 @ 500 in Promicrol:
http://www.hobbyphoto-forum.de/t6713f65-Freunde.html
Funktioniert nicht nur messtechnisch.
RE: Filme "pushen" - wie funktioniert das?
in Dunkelkammer & Entwicklung 07.02.2010 00:43von F._Kilian • Mitglied | 654 Beiträge
So.
Ich habe gestern Abend/Nacht den HP 5Plus @3200 in Promicrol entwickelt. 25 min habe ich ihm gegeben bei 20 Grad Celisius. Jede Minute gekippt und ich muss sagen die Ergebnisse sind doch erstaunlich gut...
Ich werde wahrscheinlich dann noch das ein oder andere Bild scannen und hier als Beispiel zeigen.
Ich kann abschließend sagen probieren lohnt sich immer wieder...
Gruß,
Flemming.
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RE: Filme "pushen" - wie funktioniert das?
in Dunkelkammer & Entwicklung 07.02.2010 01:45von Gelöschtes Mitglied
Ja zeigen bitte. 1+9 oder 1+14? Da bin ich seeeehr neugierig. Ich überlege nämlich gerade, ob ich den Tmax3200 oder Delta3200 probieren soll. Was ich gelesen und gesehen habe, war aber nicht so dolle.
LG Reinhold
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